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Asperger-Autismus
Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
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Autismus, Hochsensibilität und die Intense-World-Theorie
Weil die Forschungsergebnisse rund um Asperger-Autismus, Hochsensibilität und Empathiefähigkeit den renommierten Hirnforscher Henry Markram, der selbst einen autistischen Sohn hat, nicht befriedigten, begann er selbst an dem Phänomen zu forschen. Er erforschte die Intense-World-Theorie.
Die von ihm und seiner Frau Kamila Markram entwickelte Intense-World-Theorie besagt, dass Autisten unter permanenter Reizüberflutung stehen – ebenso wie Hochsensible.
Autistischen Menschen mangelt es nicht an der Fähigkeit zur sozialen Empathie und sie haben eine ausgeprägte Kommunikations- und Denkfähigkeit. Ein Reduzieren des Reizgewitters und ein strukturierter Umgang mit den Betroffenen in der frühen Kindheit könnte laut der Forscher helfen, die Auswirkungen des Phänomens zu mildern oder zu vermeiden.
Die Intense-World-Theorie als neue wissenschaftliche Erkenntnis
Was den Hirnforscher Henry Markram und sein 1 Milliarde Euro teures Forschungsvorhaben „Human Brain Projekt“ an der ETH Lausanne in der Schweiz zunächst an seine Grenzen brachte, veränderte sich radikal. Es wurde die Grundlage für neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Autismus, Sensibilität und Hochsensibilität und gipfelte in der Entwicklung einer bahnbrechenden Theorie.
Die sogenannte Intense-World-Theorie besagt, dass die Wahrnehmung von Autisten verändert ist und im Gehirn der Betroffenen eine permanente Reizüberflutung stattfindet.
Aus diesem Grund ziehen sich autistische Kinder in bestimmten Phasen der Entwicklung aus dem Sozialleben zurück und verbringen die Zeit lieber abgeschottet in ihrer „Blase“. Die Konsequenzen sind Schwierigkeiten im Umgang mit den Reizen.
Ein normalsensibles Kind lernt den Umgang mit den Reizen in dieser Phase und kann in seinem späteren Leben auf die erlangten Erfahrungen zurückgreifen.
Autistischen Kindern fehlen diese Erfahrungswerte aufgrund ihres Rückzugs vor den für sie schmerzhaften Eindrücken.
Autistische Kinder verhalten sich oft anders als ihre Altersgenossen: Sie sind häufig hyperaktiv, bestehen auf sich wiederholende Handlungsabläufe, interessieren sich für ihre Umwelt und sind schnell von ihr überfordert.
Bei seinem wissenschaftlichen Vorhaben erforschte Henry Markram das menschliche Gehirn bis ins kleinste Detail. Mit Hilfe eines Supercomputers wollen die Wissenschaftler des „Human Brain Projects“ das menschliche Gehirn naturgetreu nachbilden.
Kaum jemand wusste so viel über seine Funktionen wie Henry Markram, doch das Verhalten von Autisten blieb ihm ein Rätsel. Der Wissenschaftler wollte sich damit nicht zufrieden geben und begann zu recherchieren.
Autismus bedeutet ein Bombardement aus Sinneseindrücken
Henry Markram und seine ebenfalls in der Forschung tätige Frau Kamila fanden heraus, dass autistische Kinder stets in einer Welt der Reizüberflutung leben. Viele werden aus ihrer im Grunde ruhigen und friedlichen Innenwelt in ein System der Reizüberflutung geworfen, sobald sie mit ihrer Umwelt in Kontakt treten.
Das Forscherpaar Markram nannte dieses Phänomen das Intense-World-Syndrom
Darauf bauten sie später ihre neuartige Theorie einer intensiven Umwelt auf. Autisten verfügen über eine außergewöhnlich hohe Sensibilität bzw. Hochsensibilität in der Wahrnehmung. Bei ihnen sind die Sinne permanent überfordert.
Ihr Verhalten kann sich über die Jahre verändern
Die Symptome der autistischen Veranlagung können sich verstärken, autistische Menschen können mit den Jahren und ausreichender Unterstützung ihrer Umwelt aber lernen, damit umzugehen. Die Symptome können in der Folge vermindert auftreten oder ganz ausbleiben.
Henry Markram fand in seinen Forschungen heraus, dass es autistischen Menschen nicht an emotionaler Empathie mangelt. Bei der besonderen Form des Asperger-Autismus treten soziale Schwierigkeiten und ein sich wiederholendes Verhalten auf, nicht aber ein Mangel an Denk- und Kommunikationsvermögen.
Viele Fachleute und Ärzte waren sich jedoch uneinig über diese Erkenntnisse und der Wissenschaftler Henry Markram war unzufrieden mit ihren Diagnosestellungen. Das bruchstückhafte Verständnis des Gehirns und das kleinteilige Arbeiten der Neurowissenschaften störten ihn.
Er begann jede Lektüre über Autismus und übersteigerte Sensibilität zu lesen, die er in die Finger bekam. Damals waren die 90er und der Film „Rain Man“ hatte in den Köpfen der Menschen verankert, dass Autisten eine spezielle und überdurchschnittliche Intelligenz besaßen. Nicht lange davor glaubten viele Leute, dass Mütter mit eingeschränkter Liebesfähigkeit für das Auftreten von autistischen Zügen bei ihren Kindern verantwortlich seien.
Heute geht die populärste Theorie zu dem Phänomen davon aus, dass bei Autisten die Hirnareale für das soziale Verhalten anders arbeiten. Autistischen Kindern fällt es schwer, zwischen dem eigenen Wissen und dem anderer zu unterscheiden. Sie können die Perspektive mit Mühe wechseln, es fehlt ihnen aber nicht grundlegend an emotionaler Empathie. Sie sind im Stande, mit anderen mitzufühlen und können sich in manchen Situationen sogar stärker in andere hineinversetzen, als die übrigen Mitmenschen.
Bei Menschen mit Hochsensibilität ist es genauso.
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Auch Autisten haben die Fähigkeit zur Empathie
Henry Markram fiel bei seinen Studien auf, dass viele Autisten menschliche Nähe mochten und es ihnen laut der Aussagen ihrer Eltern gelang, tiefer in Menschen hineinzuschauen als andere. Der Wissenschaftler wollte sich mit dem Stand der Forschung, der autistischen Kindern die Empathiefähigkeit absprach, nicht zufrieden geben.
Er begann selbst auf dem Gebiet zu arbeiten. Die Theorie seines Kollegen Michael Merzenich schien ihm am plausibelsten und am besten mit seinen eigenen Erkenntnissen zu Sensibilität, Hochsensibilität und Asperger-Autismus vereinbar. Sie ging davon aus, dass ein Ungleichgewicht zwischen beruhigenden und erregenden Nervenzellen das autistische Verhalten auslöste.
Henry Markram und seine Frau Kamila Markram beauftragen ihre Studentin Tania Rinaldi Barkat, ein passendes Tiermodell für ihre Forschung zu suchen. Barkat entdeckte, dass Ratten, die als Embryos mit dem Epilepsiepräparat Valproinsäure behandelt worden waren, sich später ähnlich wie menschliche Autisten verhielten. Mütter, denen in der Schwangerschaft Valproinsäure (VPS) verschrieben wurde und die es eingenommen hatten, hatten zudem ein sieben Mal höheres Risiko, ein autistischen Kind zu gebären.
Die Forscher untersuchten die Erregbarkeit der Nervenzellen bei den Ratten und stellten fest, dass die VPS-Zellen doppelt so heftig reagierten wie normale Zellen. Zudem waren sie besonders stark miteinander verknüpft. Das hatte gravierende Auswirkungen. Die Ratten fürchteten sich schneller und lernten schneller, wovor sie Angst entwickeln sollten. Eine entschärfte Situation als gefahrlos zu erkennen, brauchte bei ihnen ebenfalls überdurchschnittlich lang. Die VPS-Ratten waren extrem auf Angst konditioniert. Die Markrams verstanden:
Das Intense-World-Syndrom bekam eine praktische Bedeutung. Die Markrams verstanden:
Soziale Defizite müssen kein fester Bestandteil von Autismus sein
Autistische Kinder ziehen sich oft von dieser Überforderung zurück und verpassen dabei mitunter die sensitive Phase ihrer Entwicklung. In dieser Zeit ist das Hirn besonders empfänglich für äußere Einflüsse und passt sich an diese an. Der Rückzug in dieser Phase kann sich auf den Rest des Lebens auswirken.
Wichtige Reize und Impulse können nicht verarbeitet werden, weil autistische Kinder dazu neigen, vor der schmerzenden Reizüberflutung zu flüchten und in ihrer „Blase“ zu verschwinden. Das Forscherpaar Markram folgerte, dass soziale Probleme kein fester Bestandteil des Verhaltens von autistischen Kindern sein müssen.
Eine Reduktion der überfordernden Reize und ein frühes Gegensteuern könnten die Folgen für autistische Kinder mildern oder sogar vermeiden. Die erste Publikation zur Intense-World-Theorie erschien 2007 in dem renommierten Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences.
Seither bestätigten rund drei Dutzend Studien die Versuche von Henry und Kamila Markram und erweiterten den Kenntnisstand. Vor allem Professor Laurent Mottron von der Universität Montreal stützt die Intense-World-Theorie und ist überzeugt von den im Zusammenhang stehenden Forschungsergebnissen seiner Kollegen.
Autisten verfügen in bestimmten Bereichen über außergewöhnliche Fähigkeiten
Sie sind besonders gut beim Erkennen von visuellen Mustern und beim Bearbeiten von komplexen Systemen. Das wird heute sogar von der Wirtschaft anerkannt. 2013 gab das Softwareunternehmen SAP aus Deutschland bekannt, es wolle 650 Autisten einstellen. Die Intense-World-Theorie erklärt für viele Betroffene die Besonderheiten des Phänomens besser als bisherige Theorien.
Die Wahrnehmungsprobleme wurden nach langen Bemühungen von Betroffenen auch in die heutige Version des Psychiatriehandbuchs DSM-5 in die Diagnose aufgenommen.
Autismus ist biologisch gesehen nicht bei jedem gleich
„Es ist keine geistige Behinderung und wenn autistische Menschen lernen könnten, das sie umgebende Reizgewitter in jungen Jahren zu filtern, würden sie zu den begabtesten Menschen zählen“, sind Henry Markram und seine Frau Kamila überzeugt.
Physiologisch betrachtet sind die Nervenzellen in den Gehirnen dieser Menschen besonders gut vernetzt. Die Frage ist laut Henry Markram nur: „Wie setzt man dieses Potenzial frei?“
Die Markrams untersuchen zurzeit, ob eine berechenbare und reizarme Umgebung helfen kann, die sozialen Schwierigkeiten der VPS-Ratten zu minimieren und ihre Lernfähigkeit zu steigern.
Neuere Forschungen ergeben, dass Autismus und Hochsensibilität schon im Alter von zwei Monaten bei Babys diagnostiziert werden können. Das erweitert die Behandlungsmöglichkeiten um ein Vielfaches und die ersten Daten sehen laut Kamila Markram vielversprechend aus.
Eine klar strukturierte Einführung neuer Dinge scheint für die Ratten vorteilhaft zu sein und ihre Lernfähigkeit zu stärken.
Bisher stützen alle neue Studien die Intense-World-Theorie des Forscherpaars Markram. Das Bild von Autisten in der Wissenschaft und Gesellschaft sollte gründlich überdacht werden und mehr Wissenschaftler der Frage nachgehen, wie wir in unserem modernen Leben überhaupt mit der ungeheuren Flut an Daten umgehen können.
Mit der notwendigen Unterstützung, passenden Medikamenten, einem strukturierten Herangehen an Neues und einer bewussten Reduktion der Reizüberflutung können diese Kinder große Fortschritte machen.
Die Symptome der Beeinträchtigung können gemildert werden oder sogar verschwinden. Mit dem Erwachsenwerden wird vielen autistischen Menschen ihr von der Masse der Leute abweichendes Denken, Sehen und Fühlen bewusst und sie können mit der notwendigen Hilfe und einem gesteigerten Verständnis ihrer Umwelt gegensteuern.
Herzlichst
Anne
2 Antworten
Ja würde mich noch mehr interessieren da ich mir oft die Frage stellen..bin ich Hochsensibel oder habe ich auch autistische Züge??? Ich kenne diese permanente Reizüberflutung ..am liebsten bin ich in der Natur da komme ich absolut zur Ruhe und habe alle diese Probleme nicht!??? ……ich bin auch lieber in kleinen Gruppen oder zu zweit oder sogar alleine..aber ohne Kontakt mit anderen ist nicht gut ich kann mich sehr sehr gut in andere einfühlen spüre sehr viel weiss jedoch oft nicht wie mit diesem Wissen umgehen da es ja eigentlich nicht gewünscht ist.. meistens???? Herzliche Grüsse R
Mir geht es da genau wie dir. Weißt du, wo man einen zuverlaessigen Test machen kann? Frage mich auch, ob ich beides bin Asperger und HSP. Wuensche mir Ansprechpartner und mehr Forschung diesbezueglich.