Frauen mit später Diagnose von Asperger-Autismus schreiben ihre Biografie neu

Frauen mit später Diagnose von Asperger-Autismus schreiben ihre Biografie neu
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Eine späte Diagnose von Asperger-Autismus kann für viele Frauen wie das Entzünden eines Lichts in einem bislang dunklen Raum sein. Was zuvor unerklärlich, schmerzhaft und voller Selbstzweifel war, wird plötzlich klar und verständlich. Diese Erkenntnis eröffnet nicht nur die Möglichkeit, sich selbst zu verstehen und anzunehmen, sondern auch, das eigene Leben neu zu gestalten: Der Weg der Selbstentdeckung und Chancen:

Der Moment der Erleuchtung: „Deshalb war ich immer so!“

Für viele Frauen ist die Diagnose ein Wendepunkt, an dem sie realisieren: „Es war nie meine Schuld, dass ich anders war.“ Die jahrelangen Selbstvorwürfe können anfangen, sich aufzulösen. Die Situationen, in denen sie sich unzulänglich fühlten, erscheinen in einem neuen Licht, und es wird klar, dass sie einfach eine andere Art hatten, die Welt zu erleben.

Die stille Beobachterin: Vielleicht warst du als Kind die stille Beobachterin auf dem Schulhof, die lieber die anderen Kinder beim Spielen beobachtete, anstatt selbst mitzumachen. Vielleicht hast du dich dafür geschämt oder dachtest, dass du nicht „normal“ genug bist, um teilzuhaben. Jetzt weißt du, dass diese Beobachtungsgabe Teil deiner einzigartigen Wahrnehmung war. Du hast Feinheiten, Stimmungen und Details wahrgenommen, die andere Kinder gar nicht bemerkt haben. Deine Fähigkeit, zu beobachten, ist eine Stärke, die du in deinem späteren Leben einsetzen kannst – sei es in kreativen oder analytischen Berufen, im Coaching oder einfach im tiefen Verstehen der Menschen um dich herum.

Die Angst vor der Lautstärke: Vielleicht erinnerst du dich an die Kindergeburtstage, auf die du mit Bauchschmerzen gegangen bist, weil die Musik zu laut, die Menschen zu nah und die Energie zu chaotisch war. Diese Erinnerungen sind oft geprägt von Gefühlen der Überforderung und Isolation, weil niemand verstehen konnte, warum du so sensibel warst. Mit der Diagnose erkennst du, dass deine sensorische Empfindlichkeit ein wesentlicher Teil deiner autistischen Wahrnehmung ist. Was früher als Schwäche erschien, wird jetzt zu einer Stärke: Du kannst die Welt intensiv erleben und spüren – und das kann eine Bereicherung sein, wenn du lernst, gut für dich selbst zu sorgen.

Die Chancen nach der Diagnose: „Ich darf endlich ich selbst sein!“

Die späte Diagnose von Asperger-Autismus ist mehr als nur ein Label. Sie ist eine Einladung, sich selbst neu zu entdecken und endlich authentisch zu leben. Die Selbstakzeptanz, die mit dieser Erkenntnis einhergeht, ist der Schlüssel zu einem erfüllteren und gesünderen Leben.

Chancen für Selbstakzeptanz: Nach der Diagnose können Frauen beginnen, sich selbst mit Mitgefühl zu betrachten. Sie erkennen, dass sie nicht versagen, wenn sie soziale Situationen anstrengend finden oder sich von der Welt zurückziehen müssen, um wieder Energie zu tanken. Stattdessen lernen sie, ihre eigenen Bedürfnisse zu respektieren und Strategien zu entwickeln, die ihnen guttun. Das bedeutet, dass sie zum Beispiel in lauten Umgebungen Lärmschutzkopfhörer verwenden dürfen, ohne sich dafür zu entschuldigen. Oder sie können soziale Veranstaltungen bewusst dosieren und sich selbst erlauben, Grenzen zu setzen.

Chancen für ein erfülltes Leben: Die Diagnose öffnet Türen zu einem Leben, in dem Frauen endlich sie selbst sein dürfen. Sie können sich auf ihre Stärken konzentrieren – sei es in Bereichen, in denen ihre Liebe zum Detail oder ihre Fähigkeit, Muster zu erkennen, geschätzt wird. Frauen, die früher dachten, dass sie sich anpassen müssen, um akzeptiert zu werden, können nun authentische Verbindungen eingehen. Sie lernen, Menschen zu finden, die sie so lieben, wie sie sind, und sich mit Menschen zu umgeben, die ihr wahres Wesen schätzen.

Mut zur Diagnose: Es mag beängstigend sein, sich mit der Möglichkeit einer Diagnose auseinanderzusetzen. Doch der Mut, diesen Schritt zu gehen, kann sich als der größte Akt der Selbstliebe und Befreiung erweisen. Eine Diagnose bedeutet, sich selbst besser zu verstehen und Frieden mit der eigenen Geschichte zu schließen. Es bedeutet, sich selbst eine neue Chance zu geben – eine Chance, ein Leben zu gestalten, das sich richtig und stimmig anfühlt, weil es auf die eigene, authentische Weise gelebt wird.

Ein Aufruf zur Selbstermächtigung

Die Diagnose ist kein Stempel, der dich auf eine Rolle festlegt, sondern ein Werkzeug zur Selbstermächtigung. Sie gibt dir die Möglichkeit, dich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, Zugang zu Ressourcen zu finden und dir Unterstützung zu holen, die genau auf deine Bedürfnisse abgestimmt ist. Es ist eine Reise zurück zu dir selbst – eine Reise, auf der du erkennst, dass es in Ordnung ist, die stille Beobachterin oder diejenige zu sein, die sich nach Ruhe sehnt.

Mutige Frauen mit Asperger-Autismus haben die Kraft, sich selbst neu zu entdecken und ihre eigene Geschichte mit Stolz und Akzeptanz zu schreiben. Die Diagnose ist der erste Schritt, um aus einem Leben voller Anpassung ein Leben voller Authentizität und Erfüllung zu machen.

Herzlichst

Anne

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