Themen
Hochsensibilität & Hochsensitivität
Scanner-Persönlichkeit
Vielbegabung
Hochbegabung
Hochbewusstsein
Autismus
Coachingpraxis
Beruf & Karriere
Gefühle & Emotionen
Liebe & Partnerschaft
Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
Online-Akademie
Entdecke leicht umsetzbare und alltagstaugliche Selbstcoaching-Tools und E-Books.
Reaktivität oder Hochsensibilität: Warum du nicht leiden musst

Für hochsensible Menschen gibt es viele mögliche Quellen des Leidens. Geräusche sind zu laut, Gerüche zu intensiv, visuelle Eindrücke zu chaotisch. Manchmal scheinen alle Reize gleichzeitig auf dich einzuströmen – Hunde bellen, Vögel kreischen, Autos hupen, Kinder schreien, Telefone klingeln, die Sonne blendet, und das Stadtleben wirkt erdrückend. Am liebsten würdest du fliehen, dich in eine ruhige Umgebung zurückziehen, in der Licht, Geräusche, Gerüche und Temperatur in Harmonie sind und deine Sinne nicht permanent überfordert werden.
Doch das eigentliche Problem liegt nicht in den äußeren Reizen selbst, sondern in der Reaktion darauf. Reize sind lediglich Auslöser, aber sie bestimmen nicht zwangsläufig, ob du leidest. Entscheidend ist, wie dein Nervensystem auf sie reagiert. Wenn du dich von jedem „zu viel, zu wenig, zu hell, zu laut“ aus der Bahn werfen lässt, könnte es sein, dass du nicht nur hochsensibel, sondern auch hochreaktiv bist.
Hochreaktivität – wenn du allem ausgeliefert bist
Hochreaktiv zu sein bedeutet, dass du keine Wahl hast – du musst auf alles reagieren, was nicht deinen Bedürfnissen entspricht. Dein System gerät sofort in Alarmbereitschaft, du fühlst dich überwältigt und hast oft keine andere Möglichkeit, als dich zurückzuziehen. Wenn Hochsensibilität mit Hochreaktivität einhergeht, wird der Alltag schnell zur Dauerbelastung.
Doch es gibt einen Ausweg. Denn Hochreaktivität ist nicht unveränderbar. Es gibt verschiedene Stufen der Reaktivität – und du kannst lernen, deinen Umgang mit Reizen bewusst zu steuern.
Die vier Stufen der Reaktivität
- Hochreaktivität – Alles ist zu viel, immer. Du hast keine Möglichkeit, Reize zu regulieren oder dich innerlich davon zu distanzieren. Die Folge ist sozialer Rückzug, Erschöpfung und eine starke Einschränkung der Lebensqualität.
- Reaktivität – Du erkennst, dass du Reize bewusst reduzieren kannst. Strategien wie Sonnenbrillen, Kopfhörer, Homeoffice oder klare Beziehungsregeln helfen dir, dein Umfeld erträglicher zu gestalten. Doch wenn etwas nicht nach Plan läuft, bist du dem immer noch ausgeliefert.
- Schwachreaktivität – Du kennst deine Bedürfnisse genau und hast Wege gefunden, sie langfristig in dein Leben zu integrieren. Gleichzeitig hast du Methoden erlernt, um deine Reaktionen bewusst zu steuern. Du kannst Stressoren ausblenden und bist nicht mehr von äußeren Umständen abhängig.
- Nonreaktivität – Die höchste Freiheit. Du kannst dich in jede Umgebung begeben und trotzdem deine innere Ruhe bewahren. Selbst wenn etwas nicht deinen Vorlieben entspricht, bleibst du stabil. Du bist nicht mehr abhängig davon, ob deine Umwelt „perfekt“ ist.
Wie du dich von Hochreaktivität befreien kannst
Es gibt zwei Stellschrauben, an denen du drehen kannst: den Umgang mit den Reizen und die Art, wie du darauf reagierst.
Hochreaktivität: Das Gefühl, keine Kontrolle zu haben
Wenn du hochreaktiv bist, fühlt es sich so an, als würdest du von deiner Umwelt kontrolliert. Jeder Reiz ist ein Angriff, dem du nichts entgegensetzen kannst. Um nicht völlig überfordert zu sein, bleibt dir oft nur der Rückzug. Dies kann langfristig zu sozialer Isolation und sogar zur Unfähigkeit führen, zu arbeiten oder Beziehungen zu führen.
Reaktivität: Erste Bewusstheit über deine Reize
In dieser Stufe erkennst du, dass du nicht allem ausgeliefert bist. Du beginnst, bewusst Reize zu vermeiden oder zu reduzieren. Du setzt Sonnenbrillen auf, nutzt Kopfhörer in der Stadt oder richtest dir ein Homeoffice ein, um produktiver arbeiten zu können. In Beziehungen findest du Wege, um deine Bedürfnisse zu erfüllen, etwa durch klare Absprachen über Zeit für dich allein oder ein angepasstes Wohnkonzept.
Allerdings fehlt dir in dieser Phase noch die Fähigkeit, deine Reaktionen selbst zu beeinflussen. Wenn sich dein Umfeld nicht an deine Regeln hält, wirst du weiterhin schnell überfordert.
Schwachreaktivität: Du lernst, deine Reaktionen zu steuern
Hier beginnt wahre Veränderung. Du weißt genau, was du brauchst, aber du bist nicht mehr darauf angewiesen, dass deine Umwelt sich perfekt an dich anpasst. Stattdessen entwickelst du Strategien, um dich innerlich von Reizen zu distanzieren.
Dafür gibt es wirkungsvolle Methoden: (alle schon beschrieben in Artikeln)
- The Work von Byron Katie
Eine Technik, um belastende Gedanken zu hinterfragen und ihre emotionale Wirkung aufzulösen. - Pratyahara (Zurückziehen der Sinne)
Eine yogische Praxis, bei der du deine Aufmerksamkeit bewusst von äußeren Reizen löst. - Achtsamkeitsmeditation
Hilft, eine innere Distanz zwischen Wahrnehmung und Reaktion zu schaffen, sodass du nicht mehr von Reizen überwältigt wirst.
All diese Methoden helfen dir, den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu vergrößern. Und genau in diesem Raum liegt deine Freiheit.
Nonreaktivität: Absolute innere Freiheit
Das höchste Level der Selbstregulation ist Nonreaktivität. Hier bestimmst du, wie du auf Reize reagierst – oder ob du überhaupt reagierst. Du kannst dich mitten ins Leben stürzen, weil du weißt, dass äußere Umstände nichts an deinem inneren Zustand ändern können.
Natürlich nimmst du weiterhin wahr, was um dich herum passiert. Du bemerkst, wenn etwas zu laut, zu grell oder zu unangenehm ist. Aber du verlierst dich nicht mehr darin. Dein Befinden wird nicht mehr von äußeren Umständen diktiert.
Der Schlüssel dazu ist stille, beobachtende Meditation. Wer tiefe meditative Zustände erreicht, gelangt in einen Bewusstseinszustand, in dem Hochsensibilität nicht mehr als Last empfunden wird, sondern als wunderbare Fähigkeit. In diesem Zustand kannst du dein Leben mit Leichtigkeit und Offenheit gestalten, ohne dich durch äußere Reize einschränken zu lassen.
Hochsensibilität bedeutet nicht, dass du leiden musst
Hochsensibilität ist eine besondere Art, die Welt wahrzunehmen – doch ob sie zu einer Belastung wird, hängt davon ab, wie du mit ihr umgehst. Wer hochsensibel und gleichzeitig hochreaktiv ist, fühlt sich oft vom Leben überfordert. Doch je mehr du lernst, deine Reaktionen zu steuern, desto freier wirst du.
Die gute Nachricht ist: Hochreaktivität ist kein Schicksal. Du kannst deine innere Widerstandskraft trainieren und nach und nach lernen, auf Reize anders zu reagieren. Wer diesen Weg geht, entdeckt, dass Hochsensibilität nicht nur ein Fluch ist, sondern auch ein Geschenk – wenn man weiß, wie man sie lebt.
Herzlichst
Anne
Lies auch:
