Leben mit Depressionen: Die dunkle Nacht der Seele

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Immer wieder fragen mich Klientinnen und Klienten, ob denn viele Hoch-X-Menschen unter Depressionen leiden

Sehr viele hochbegabte, hochsensible und hochsensitive Menschen kennen diese Zustände: Sie fühlen sich kraftlos, sie stellen alles infrage, ihnen fehlt die Lebensmotivation, sie suchen den Sinn des Lebens, sie sind zutiefst innenmüde und finden keinen Ausweg aus dieser Stimmung.

In ihrer Seele ist es Nacht

Ehrlicherweise muss ich sagen, selbst wenn man nie nie sagen sollte, dass ich fast keinen außergewöhnlichen Menschen (sprich hochbegabt, hochsensibel, hochsensitiv oder hochbewusst) kenne, der diese depressiven Lebensphasen nicht mehr oder weniger intensiv erlebt hat.

Ich selbst hatte zwischen meinem 14. und 34. Lebensjahr enorm depressive Phasen in unterschiedlicher Intensität. Mal war es ein „Weltschmerz“, ein „zu Tode betrübt“und manchmal eine absolute Lebensmüdigkeit bis hin zur Todessehnsucht. Ich plante mehrmals mein Leben zu beenden, beschäftigte mich intensiv mit den philosophischen Aspekten des Freitods, las Jean Amery und andere „Freitodaktivisten“, und diskutierte mit Philosophen über das Recht, sein Leben zu leben oder es aus freiem Willen, ohne Affekt-Effekte, zu beenden.

Aber jedes Mal, wenn ich in äußerst ernsthafter Absicht mein Lebensende plante und den Selbsttod zielgerichtet und todsicher durchführen wollte (und ich war wirklich sehr gründlich dabei), geschahen merkwürdige „Zufälle“, die mein Lebensende verhinderten. Zum ersten Mal wollte ich mit 14 Jahren mein Leben beenden (ja, ich weiß genau, was dazu führte: Der Missbrauch durch meinen Reitlehrer und die Scham darüber, die verhinderte, dass ich mit irgendeinem Menschen darüber sprach). Nach dem Krankenhaus war ich zwar am Leben, aber nicht wirklich lebendig. Viel später war ich zweimal klinisch tot. Ich wurde reanimiert. Ich hatte dabei Nahtoderfahrungen, durfte aber zurück ins Leben und erkennen:

Das Leben hatte offensichtlich etwas anderes mit mir beabsichtigt

Das führte dazu, dass ich akzeptierte, dass es irgendeinen Sinn in meinem Leben geben muss. In den Nahtoderfahrungen  erlebte ich, dass das Sterben an sich vollkommen angstfrei geschehen kann. Ich wusste auch, dass es eine Existenz danach gibt. Ich wusste, ich bin NICHT mein Körper, mein Verstand oder meine Gefühle. Ich erfuhr, dass es ein Sein gibt, das sich nicht in irdische Worte fassen lässt. Ich war vollkommen WACH. Ich sah, fühlte, hörte, dass es eine Aufgabe für mich gibt, und dass ich nicht das Recht habe, meine Gaben abzulehnen.

Als ich das endlich verstanden hatte, mit 34 Jahren, haben die Depressionen mein Leben vollständig verlassen. Ich hatte nie wieder massive depressive Verstimmungen oder tiefe Depressionen, seltenst erlebe ich Zweifel an meinem Dasein und ich nehme es heute einfach an, so wie es ist.

Wenn ich das meinen Klienten erzähle, fragen sie oft, ob es möglich ist, so eine Erkenntnis auch ohne die tiefste Nacht der Seele zu erlangen.

Ja, so schlimm muss es nicht sein

Ich meine auch: Es gibt keine Abstufungen im depressiven Empfinden im Sinn eines objektiven „schlimm oder nicht so schlimm“. Jeder Mensch empfindet das anders, sehr individuell. Diese Lebensmüdigkeit, diese Erschöpfung, diese Sehnsucht nach freiem Sein empfindet jeder anders.

Dann, wenn es gelingt, nicht gegen die eigene innere Bestimmung zu kämpfen, sondern sie anzunehmen als das, was sie dir an Aufgaben mitgibt,- dann kann die Seele aus der Nacht ins Morgengrauen auftauchen und schließlich in den hellen Tag.

Außergewöhnliche Menschen haben oft außergewöhnliche Erfahrungen. Sie befinden sich damit außerhalb der Norm und mit ihren Empfindungen auch oft außerhalb dessen, worüber man spricht. Wenn Mut entsteht und Masken fallen und Menschen dazu stehen, dass sie gute und schlechte Tage haben und, dass sie Abstand und Ruhe brauchen, dass sie Nein sagen dürfen und ihre Überzeugungen vertreten können, dann kann der Mensch so entfalten, wie er gemeint ist.

Ich schreibe das so offen hier, weil ich weiß, dass viele Menschen hier lesen, die ähnliches erleben oder erlebt haben.

Ein Gespräch ist mir ganz besonders in Erinnerung. Es ging um die Scham über die eigene Depression. Dieser Mensch schämte sich zutiefst, dass er, obwohl er wirklich sehr klug und sensibel und intelligent und attraktiv und erfolgreich war und ist, immer wieder depressive Lebensphasen durchlebte. Über diese hat er aber nie mit jemandem sprechen können. Wegen der tiefen Scham.

Wie lange, wie viele Jahre, habe ich mich geschämt dafür, dass ich trotz meiner Fähigkeiten und meines Wissens nicht in der Lage war, meine Depressionen in Schach zu halten. Ich schämte mich zutiefst ob dieser Unfähigkeit. Ich habe jahrelang alles getan, um meine depressiven Phasen zu verheimlichen. Und selbst als sie offensichtlich wurden nach einem Suizidversuch, habe ich alles getan, um meine Motivation zu bagatellisieren und zu verheimlichen. Ich war Weltmeister im Stehaufmännchen sein. Ich war perfekt darin eine Maske zu installieren.

Was hat es mir gebracht? Nichts. Am Ende hat alles nur dazu geführt, dass ich Masken, Rollen und Funktionen loslassen musste und konnte.

Zurück zur Ausgangsfrage meiner Klienten: ja, die allermeisten Menschen, die zu mir kommen, kennen Depressionen und mitternachtsschwarze Empfindungen.

Wenn aber ein Mensch seine Selbstwerdung annimmt und sich nicht mehr dagegen wehrt, wie er gemeint ist, wenn er seine Begabungen leben kann, dann gibt es diese dunklen Seelennächte nicht mehr.

Ich behaupte nicht, dass es leicht ist, seine Bestimmung anzunehmen. Ich behaupte aber, dass es viel schwerer ist und sehr viel mehr Kraft erfordert, diese abzulehnen.

Anne

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Kommentare

3 Antworten

  1. Ich habe einen guten Freund der in eine Depression gefangen ist wegen einer enttäuschenden liebe als ob das nicht schlimm genug ist hat sich auch noch die alkoholsucht dazu gesellt. Vor zwei Wochen passierte dann ein kleines Wunder er wollte von selbst mit dem trinken aufhören und hat es auch geschafft aber müsste es mit einem krampfanfall bezahlen, er war so stolz auf sich und war wieder frohen Mutes das es jetzt Berg auf geht. Er wollte sich sogar vom Psychiater helfen lassen bis gestern, er hat diese Frau leider zufällig auf der Straße getroffen und sprach sie auf den Umstand das sie ihm noch Geld schuldet und einfach irre Nummer gewechselt hat ohne richtig Schluss zu machen an. Diese Frau hat so giftig reagiert und meinte sie wüsste nicht von was er spricht und sie hätte eine Anzeige gegen ihn geschaltet usw.das hat ihn so getroffen und verletzt das er spät abends bei mir wieder mit Alkohol vor der Tür stand u. Jetzt ist alles wieder zu nichte gemacht worden von ihr und er sieht wieder alles schwarz. Wie kann ich ihn dazu bewegen das er sich Hilfe sucht um daraus zu kommen, er möchte auch erstmal keinen Kontakt zu mir weil er nicht will das ich wegen ihm leide oder er mich runter zieht aber kann ihn doch nicht allein lassen alle anderen wenden sich von ihm ab. Was kann ich tun um ihm zu helfen?

  2. Guten Abend, ich habe andauernd Erkenntnisse, als Kind sind mir schon komische Sachen passiert. Seit dem tot meines Bruders am 18.02.2018 habe ich noch mehr Erkenntnisse, glaube fest an einen Leben nach dem tot, der mensch besteht aus 95% Gefühle Emotionen, ich habe ich denke seit einem halben jahr das ich hochsensibel bin, aber nein ich bin hochsensitiv, liebe Tiere, wollte nie das meine jungs nen Baum hauen, leide wegen Tieren. Bis jetzt wurde ich nur bestraft vom Leben uns es tut mir immer sehr weh.. In einem Jahr bin ich mir soviel bewusster geworden. Glaube an spirituelle Sachen, einmal weiss nicht was das war, war es als nahm ich eine Maske ab und schaute direkt durch die Augen von meinem Partners und sagte laut, daß er mich nur auf meinem Körper und auf Sex reduziert. Seine Art andauernd tut mir sehr weh, (ich denke er ist ein Narzisst) keiner glaubt mir u alle lachen mich aus, denken das ich verrückt bin. Gerade lass ich eine Email vom Geistheiler Sananada u jetzt glaube ich das mein Partner bzw meine wohnung von einem bösen Dämon besetzt ist u es macht mir angst, da meine Katze auch vor kurzer zeit komisch war und sie nehmen war was viele menschen nicht wahrnehmen können

  3. Hallo, ich bin Simone 53
    Ich bin seit 3 Jahren wegen Depression in Behandlung. Zuerst mußte ich lernen Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu verstehen, da meine Seele von solchen Menschen verletz wurde. Nach einem Vertrauensbruch seitens meines Mannes, hatte ich ein sogenantes Brockenhart-Syndrom.
    Wir sind zwar noch verheiratet, aber nichts ist mehr so wie es war.
    In der Zwischenzeit sind meine Kinder ausgezogen wodurch ich mein Lebensinhalt verloren habe. Ich habe vor 5 Jahren wieder angefangen zu arbeiten und habe auch hier viele Höhen und tiefen kennengelernt, aber jetzt ein Job gefunden der richtig gut zu mir Passt und der mir großen Spaß macht. Nun finde ich heraus, das ich hochsensiebel bin. Das erklärt so vieles in meinem Leben. Doch werde ich mein Mann nie dazu bringen zu verstehen.
    Genau das ist mein Problem. Er denkt immer, wenn ich meine Einstellung ändere, dann ist alles wieder gut.
    Dabei bin ich diejenige die die richtige Einstellung zum Leben hat
    >> Es in Hamonie genießen, denn wir haben nur das eine <<

    LG Simone

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