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Anne Heintze
Harald Heintze
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Maskierungsstrategien bei Frauen mit Asperger-Autismus: Die Kunst des Versteckens und die Folgen für die mentale Gesundheit
Maskierungsstrategien – auch als „Camouflaging“ bezeichnet – sind ein häufiges Phänomen bei Frauen mit Asperger-Autismus. Während Männer mit Asperger oft in ihrer Andersartigkeit auffälliger sind, entwickeln viele Frauen eine bemerkenswerte Fähigkeit, ihre autistischen Merkmale zu verbergen. Sie versuchen, sich durch Anpassung und Nachahmung sozialer Verhaltensweisen in die Gesellschaft einzufügen. Doch diese Maskierung kann erhebliche Folgen für das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit haben.
In diesem Artikel beleuchte ich, was Maskierungsstrategien sind, warum Frauen im Autismus-Spektrum häufig darauf zurückgreifen, und welche Auswirkungen dies auf ihre Lebensqualität hat.
Was sind Maskierungsstrategien?
Maskierungsstrategien bezeichnen Verhaltensweisen, die Frauen mit Asperger-Autismus anwenden, um in sozialen Situationen weniger aufzufallen. Sie lernen, neurotypische Verhaltensweisen nachzuahmen, soziale Regeln zu befolgen und Emotionen so zu zeigen, wie sie denken, dass es von ihnen erwartet wird. Das bedeutet, dass sie bewusst versuchen, ihre autistischen Merkmale zu verstecken.
Beispiele für Maskierungsstrategien:
- Augenkontakt simulieren: Frauen mit Asperger üben sich darin, Augenkontakt herzustellen, obwohl es für sie unangenehm oder herausfordernd sein kann. Manchmal schauen sie stattdessen auf die Nasenwurzel oder den Mund des Gegenübers, um den Eindruck eines „normalen“ Blickkontakts zu erwecken.
- Gesprächsfloskeln einstudieren: Viele Frauen lernen und üben Gesprächsfloskeln, um sich sozial kompetent zu zeigen. Sie verwenden häufig Standardantworten oder imitieren die Art und Weise, wie andere Menschen sprechen.
- Emotionen nachahmen: Autistische Frauen können sich antrainieren, Emotionen zu zeigen oder zu unterdrücken, um den Erwartungen anderer zu entsprechen. Das bedeutet, dass sie möglicherweise lächeln, auch wenn sie innerlich gestresst sind, oder versuchen, in Gruppensituationen „fröhlich“ zu wirken, obwohl sie sich unwohl fühlen.
Warum greifen Frauen zu Maskierungsstrategien?
Die Ursachen für diese Anpassungsstrategien liegen oft in gesellschaftlichen Erwartungen. Von Frauen wird tendenziell stärker erwartet, dass sie sich sozial anpassen, empathisch und kommunikativ sind. Diese Rollenerwartungen können dazu führen, dass Frauen mit Asperger-Autismus den Druck verspüren, sich anzupassen, um nicht aufzufallen oder ausgeschlossen zu werden.
Geschlechterrollen und Anpassung:
- Studien zeigen, dass Mädchen und Frauen im Allgemeinen stärker sozialisiert werden, Harmonie zu wahren und soziale Signale zu lesen. Diese Sozialisation führt dazu, dass sie oft „unsichtbarer“ im Autismus-Spektrum bleiben, weil sie ihre Andersartigkeit besser verbergen können.
- Ein weiterer Grund ist, dass viele Mädchen mit Asperger schon früh erkennen, dass sie „anders“ sind, und beginnen, diese Andersartigkeit zu verbergen, um dazuzugehören. Sie lernen, neurotypische Verhaltensweisen zu imitieren, um sozial akzeptiert zu werden.
Die Folgen der Maskierung
Das ständige Maskieren ist jedoch nicht ohne Konsequenzen. Viele Frauen berichten von einem enormen psychischen und emotionalen Druck, der sich über die Jahre aufbaut. Das Gefühl, sich verstellen zu müssen, kann zu Ängsten, Depressionen und einem geringen Selbstwertgefühl führen. Es ist anstrengend, immer wieder eine Rolle zu spielen, und führt oft zu Erschöpfung und Burnout.
Mögliche Folgen der Maskierung:
- Psychische Belastung:
Die permanente Anstrengung, sich sozial anzupassen, kann zu chronischer Überforderung und Erschöpfung führen. Viele Frauen berichten, dass sie sich nach sozialen Interaktionen „ausgebrannt“ fühlen. - Verlust des Selbst:
Frauen mit Asperger-Autismus, die sich stark maskieren, verlieren häufig das Gefühl dafür, wer sie wirklich sind. Sie haben Schwierigkeiten, ihre eigene Identität zu erkennen, weil sie sich so sehr an die Erwartungen der Gesellschaft angepasst haben. - Späte Diagnose:
Aufgrund der Maskierung werden Frauen oft erst spät im Leben diagnostiziert. Viele haben jahrelang das Gefühl, dass etwas „nicht stimmt“, ohne genau zu wissen, warum.
Der Weg zu mehr Authentizität und Selbstakzeptanz
Ein wichtiger Teil des Coaching-Prozesses für Frauen mit Asperger-Autismus besteht darin, ihnen zu helfen, die Maskierung abzubauen und zu lernen, sich selbst anzunehmen.
Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich sicher fühlen, authentisch zu sein. Coaches können dabei helfen, die Balance zu finden zwischen dem Bedürfnis nach Anpassung und dem Wunsch, sich selbst treu zu bleiben.
Praktische Ansätze im Coaching:
- Identitätsarbeit:
Gemeinsam die Frage erforschen: „Wer bin ich wirklich, wenn ich mich nicht verstecken muss?“ Diese Selbstreflexion kann helfen, die eigene Identität jenseits der Maskierung zu entdecken. - Stärken- und Ressourcenarbeit: <
Frauen mit Asperger haben oft erstaunliche Stärken und Talente. Im Coaching können diese Stärken bewusst gemacht und gezielt gefördert werden, um das Selbstbewusstsein zu stärken. - Selbstfürsorge und Grenzsetzung:
Im Coaching kann es darum gehen, Techniken der Selbstfürsorge zu erlernen und zu üben, wie man klare Grenzen setzt, um sich vor Überforderung zu schützen.
- Spannende Quellen zur Vertiefung
Wenn du mehr über Maskierungsstrategien bei Frauen mit Asperger-Autismus erfahren möchtest, findest du hier einige lesenswerte Studien und Artikel:
- Holliday-Willey, L. (2015). Pretending to be Normal: Living with Asperger’s Syndrome. Ein persönlicher Bericht einer Frau mit Asperger-Autismus, die ihre Maskierungsstrategien beschreibt und wie sie gelernt hat, mit ihrer Andersartigkeit zu leben.
- Attwood, T. (2007). The Complete Guide to Asperger’s Syndrome. Tony Attwood beschreibt detailliert die Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Autismus-Spektrum und geht auf die spezifischen Herausforderungen von Frauen ein.
Maskierungsstrategien sind eine Überlebensstrategie, die vielen Frauen mit Asperger-Autismus hilft, sich in der neurotypischen Gesellschaft zurechtzufinden.
Gleichzeitig sind sie aber auch eine große Belastung, die zu psychischen und emotionalen Problemen führen kann. Das Ziel im Coaching sollte es sein, Frauen dabei zu unterstützen, authentisch zu leben und sich selbst mit all ihren Stärken und Schwächen zu akzeptieren. Dies kann zu einem erfüllteren und gesünderen Leben führen – frei von der Last, sich ständig verstecken zu müssen.
Herzlichst,
Anne