Coaching von Asperger-Autisten: Ein Leitfaden für mehr Verständnis und Unterstützung

Coaching von Asperger-Autisten: Ein Leitfaden für mehr Verständnis und Unterstützung
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Das Coaching von Menschen mit Asperger-Autismus ist eine herausfordernde, aber auch unglaublich bereichernde Aufgabe. Die Besonderheiten der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung bei Asperger-Autisten erfordern nicht nur ein fundiertes Verständnis des Autismus-Spektrums, sondern auch viel Sensibilität, Geduld und Flexibilität im Coaching-Prozess.

Verständnis schaffen: Was bedeutet Asperger-Autismus?

Asperger-Autisten gehören zum Autismus-Spektrum, jedoch mit spezifischen Merkmalen, die sich von anderen Formen unterscheiden. Sie sind in der Regel hochintelligent und verfügen über ausgeprägte analytische oder kreative Fähigkeiten. Schwierigkeiten treten meist im Bereich der sozialen Interaktion und Kommunikation auf. Mimik, Gestik und Tonfall werden oft anders interpretiert oder selbst anders eingesetzt, was zu Missverständnissen führen kann.

Asperger-Autisten neigen dazu, sich auf bestimmte Interessen oder Themen zu fokussieren und besitzen eine oft beeindruckende Detailgenauigkeit und Fachkompetenz in ihren Spezialgebieten. Gleichzeitig können sie Schwierigkeiten haben, zwischen den Zeilen zu lesen, metaphorische Sprache zu verstehen oder soziale Konventionen zu erfassen.

Kommunikationsstrategien im Coaching

Die Kommunikation mit Asperger-Autisten muss klar, direkt und konkret sein. Indirekte oder vage Aussagen können schnell zu Verwirrung führen. Es ist wichtig, dass der Coach genau erklärt, was gemeint ist, und dabei darauf achtet, unnötige Mehrdeutigkeiten zu vermeiden. Offene Fragen können durch strukturierte, geschlossene Fragen ergänzt werden, um präzisere Antworten zu erhalten.

Beispiele für eine klare Kommunikation:

Statt: „Wie fühlst du dich damit?“ besser: „Macht dich diese Situation traurig oder wütend?“

Statt: „Wir schauen mal, wie es läuft.“ besser: „Wir werden dies und das genau so machen“.

Das bewusste Vermeiden von Floskeln oder Metaphern ist ebenfalls wichtig, da Asperger-Autisten diese oft wörtlich nehmen. Kurze Pausen im Gespräch können helfen, Informationen zu verarbeiten und eine Antwort vorzubereiten.

Struktur und Verlässlichkeit im Coaching-Prozess

Menschen mit Asperger-Autismus fühlen sich in gut strukturierten Umgebungen sicherer. Ein Coaching-Prozess sollte daher klar aufgebaut und vorhersehbar sein. Zu wissen, was sie erwartet, gibt den Klienten Stabilität. Zum Beispiel kann es helfen, den Ablauf einer Sitzung am Anfang kurz zu erklären und eventuelle Veränderungen rechtzeitig anzukündigen.

Tipps für die Struktur:

Sitzungen klar gliedern und an den Anfang und das Ende jeweils eine Zusammenfassung setzen.

Klare Zielvereinbarungen und Erwartungen formulieren.

Wiederholungen einbauen, um Sicherheit und Verständnis zu gewährleisten.

Reizreduktion und Wohlfühlumgebung

Asperger-Autisten sind oft sensorisch empfindlich. Eine reizüberflutete Umgebung kann dazu führen, dass sie sich unwohl fühlen oder sich schlechter konzentrieren können. Im Coaching ist es daher sinnvoll, auf die Umgebung zu achten: gedämpftes Licht, wenig Lärm und keine visuellen Ablenkungen. Das Wohlbefinden des Klienten steht an erster Stelle.

Auch digitale Coachings bieten Vorteile, da sie dem Klienten eine vertraute Umgebung zu Hause ermöglichen. Online-Coachings können zudem eine mögliche Angst vor sozialer Nähe reduzieren und den Kommunikationsprozess entspannen.

Ressourcen- und Stärkenorientierung

Ein Asperger-Autist bringt häufig besondere Begabungen mit, die es im Coaching zu würdigen und weiterzuentwickeln gilt. Eine Ressourcen- und Stärkenorientierung hilft dabei, das Selbstwertgefühl zu stärken und auf individuelle Fähigkeiten aufzubauen. Coaches sollten sich bemühen, die Interessen und Talente des Klienten gezielt in die Sitzungen einzubinden.

Beispiele:

Ein Klient mit einer Begabung für Zahlen kann Strategien entwickeln, um sich besser zu organisieren.

Ein kreativer Klient kann über künstlerische Ausdrucksformen neue Wege der Selbstreflexion finden.

Umgang mit Herausforderungen und emotionalen Hürden

Ein häufiger Stolperstein im Coaching ist der Umgang mit emotionalen Themen. Asperger-Autisten können Emotionen anders ausdrücken oder Schwierigkeiten haben, diese zu benennen und zu verstehen. Der Coach sollte darauf vorbereitet sein, Emotionen geduldig zu entwirren und mit einem sachlichen Ansatz zu arbeiten, ohne auf dramatische Gefühlsausbrüche zu hoffen.

Wenn Konfliktsituationen besprochen werden, kann es hilfreich sein, diese in kleine, greifbare Schritte zu zerlegen. Die bewusste Auseinandersetzung mit unangenehmen Themen ist entscheidend, um den Klienten darin zu unterstützen, innere Blockaden zu lösen.

Das Ziel: Selbstständigkeit und Lebensqualität

Das Coaching von Asperger-Autisten sollte stets darauf abzielen, die Autonomie und Lebensqualität der Klienten zu verbessern. Das bedeutet, ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um ihren Alltag besser zu bewältigen und gleichzeitig ihre einzigartigen Stärken zu fördern. Ein erfolgreicher Coaching-Prozess unterstützt den Klienten darin, sich selbst besser zu verstehen und Strategien zu entwickeln, die langfristig wirken.

Coaching mit Asperger-Autisten erfordert Fingerspitzengefühl, eine strukturierte Herangehensweise und viel Empathie. Es ist eine Reise, die beide Seiten – Coach und Klient – bereichern kann. Mit einer Kombination aus klarer Kommunikation, strukturierter Arbeitsweise und der Würdigung von Stärken kann ein Coach Asperger-Autisten dabei helfen, ihre Herausforderungen zu meistern und ihr Potenzial voll zu entfalten.

Das Wichtigste bleibt: Offenheit und echtes Interesse an der einzigartigen Perspektive des Klienten. Denn diese Perspektive ist eine, die uns alle bereichern kann.

Ich hoffe, ich habe das Geschenk deiner Zeit verdient.

Herzlichst
Anne

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