Gewalt, Wut und innere Klarheit – ein Blick darauf aus männlicher Sicht

Gewalt versus Frieden
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Wie gehen neurodivergente Männer mit Aggression um? Was bedeutet Gewalt für hochsensible oder hochbegabte Menschen wirklich – und wo liegt die Grenze zwischen ehrlichem Ausdruck und Übergriff? In diesem Artikel geht es um Gewalt in vielen Formen: körperlich, sprachlich, subtil – und auch um Gewalt gegen sich selbst. Du erfährst, wie ADHS, Autismus, Hochsensibilität und Hochbegabung mit dem Thema verbunden sind, warum viele Männer in einem stillen inneren Krieg leben und weshalb Gewaltfreie Kommunikation oft missverstanden wird. Es geht um neurodivergente Wut, um männliche Selbstregulation, um emotionale Klarheit und darum, was Frieden jenseits von Nettigkeit wirklich bedeutet. Wenn du dich selbst wiederfindest in der Spannung zwischen Rücksicht und Wut, zwischen Harmoniebedürfnis und dem Wunsch nach klarer Grenzziehung – dann lies weiter. Dieser Text ist kein Kuschelkurs. Er ist ehrlich. Direkt. Und ganz nah dran.

Was ist Gewalt wirklich?

Ein Schlag, ein böses Wort, ein strafender Blick – das sind offensichtliche Formen von Gewalt. Doch was, wenn diese Gewalt Teil eines Spiels ist? Beim Boxen, beim Sex, beim Spiel mit Schmerz – plötzlich scheint sie akzeptabel. Die Grenze zwischen einvernehmlichem Spiel und tatsächlicher Gewalt ist oft fließend. Und diese Grenze verläuft nicht außen – sondern innen. Nicht die Handlung entscheidet, sondern der Wille. Der eigene und der des anderen.

Der Ursprung der Gewalt: Übergehung statt Handlung

Gewalt beginnt nicht erst mit der Tat. Sie beginnt früher. Im Kopf. Oder im Herzen.

Genauer gesagt: Gewalt beginnt dort, wo der Wille des anderen nicht zählt.

Ein Schlag kann Nähe bedeuten. Ein Satz kann zerstören.

Entscheidend ist der Rahmen – und wie du ihn erlebst. Gewalt ist nicht das, was getan wird. Gewalt ist, was dabei übergangen wird. Und manchmal ist das Gewaltvollste überhaupt: das, was unterlassen wird. Das Schweigen. Die Gleichgültigkeit. Die innere Abwesenheit.

Gewaltfreie Kommunikation – Giraffe oder Wolf?

Wenn du dich mit Gewaltfreier Kommunikation (GfK) beschäftigst, wirst du zwei zentrale Bilder kennenlernen: die Wolfssprache und die Giraffensprache.

Der Wolf steht für Angriff, Urteil, Kontrolle. Er kommuniziert im Modus von Schuld, Richtig-Falsch-Denken und Reaktion.

Die Giraffe hingegen – das Tier mit dem größten Herzen unter den Landtieren – steht in der GfK für Mitgefühl, Bedürfnisorientierung und echte Verbindung. Sie hört nicht nur, was gesagt wird – sondern was jemand braucht.

Doch: Gewaltfreie Kommunikation bedeutet nicht „nett sein“. Sie bedeutet: Ich bin verbunden – mit meinen Gefühlen, mit meinen Bedürfnissen, und mit dem Mut, beides klar auszudrücken.

Viele, die GFK lernen, glauben plötzlich:

  • „Ich darf nicht mehr wütend sein.“
  • „Ich darf niemanden verurteilen.“
  • „Ich muss immer friedlich sein.“


Bullshit! Das ist Gewalt – gegen dich selbst. Die GFK-Giraffe ist ein gezähmtes Wildtier. Doch der GFK-Wolf ist kein Feind – solange du weißt, wie du ihn führst. Solange du dir deiner Kraft bewusst bist, ohne sie zu verleugnen oder zu verniedlichen. Also hör auf zu denken, du müsstest perfekt friedlich sein. Fang lieber an, echt zu sein. Denn manchmal beginnt Frieden genau dort – wo jemand aufhört, sich selbst zu belügen.

Ahimsa: Gewaltlosigkeit ist keine Vermeidung

Ich kenne mich aus mit Gewaltfreiheit. Ahimsa ist ein zentrales ethisches Prinzip im Yoga. Es bedeutet „Nichtverletzen“ – auf körperlicher, geistiger und emotionaler Ebene. Ich habe vier Jahre in einem Ashram gelebt, bin ausgebildeter Yogalehrer, habe die Yamas praktiziert – die ethischen Grundregeln für ein bewusstes Leben. Ahimsa steht dabei ganz vorn.

Aber: Auch spirituelle Konzepte können zur inneren Gewalt werden. Wenn du versuchst, deine Wut „wegzumeditieren“, dein Bedürfnis nach Abgrenzung zu „transzendieren“ oder dein klares Nein zu „transformieren“ – dann verletzt du dich selbst.

Gewaltfreiheit bedeutet nicht, dass du dich zurücknimmst. Sondern, dass du wahrhaftig bist – und niemanden überfährst. Nicht einmal dich selbst. 

Hakomi – Achtsamkeit statt Analyse

Mein therapeutisches Zuhause ist Hakomi. Hakomi ist eine körperorientierte, achtsamkeitsbasierte Psychotherapie. Der Grundsatz: Das, was dich steuert, ist meist unbewusst – aber es zeigt sich. Im Körper. In der Haltung. In der Sprache. In der Reaktion. Im Hakomi forschst du nicht mit Analyse – sondern mit Präsenz.

Du spürst hin. Lässt geschehen. Und beobachtest mit neugieriger Sanftheit, was sich zeigt. Auch hier gilt: Nicht weganalysieren. Sondern da sein. Mit allem, was ist – auch mit der Wut, der Spannung, dem Impuls, zu explodieren.

Gerade für neurodivergente Männer, die oft kein klares inneres Bild ihrer emotionalen Landschaft haben, ist diese Form der achtsamen Selbsterkundung ein Türöffner. 

Neurodivergenz und Gewalt – ein oft übersehener Zusammenhang

Viele neurodivergente Männer tragen enorme innere Spannungen in sich – aber keiner sieht es. Sie wirken funktional, klug, angepasst. Aber unter der Oberfläche: ein Vulkansystem.

ADHS, Autismus, Hochsensibilität, Hochbegabung – all diese Formen neurodivergenter Wahrnehmung bringen eine intensive Reizverarbeitung mit sich. Schnelles Denken, tiefe Gefühle, schmerzhafte Empathie, extreme Gerechtigkeitssensorik. Das führt zu Überforderung – und oft zu verdeckter Gewalt: gegen sich selbst. Oder zu plötzlichen Entladungen, wenn der innere Staudamm reißt.

Aggression bei neurodivergenten Menschen ist nicht Bosheit. Sie ist der Ausdruck eines Nervensystems, das über keine andere Strategie mehr verfügt. Deshalb ist es so wichtig, das Thema Gewalt nicht nur äußerlich zu betrachten – sondern innerlich.

Denn echte Männlichkeit heißt nicht: kontrollieren, sondern: führen – mit Herz, mit Bewusstsein, mit Mut zur Wahrheit. 

Authentizität statt Perfektion

Du musst nicht perfekt gewaltfrei sein. Du musst nicht der liebevolle Mann sein, der nie laut wird. Du darfst ein ganzer Mensch sein. Mit Kraft, mit Widersprüchen, mit Klarheit.

Gewaltfreiheit bedeutet nicht Schwäche. Sie beginnt dort, wo du dich selbst nicht mehr verrätst – und niemanden überfährst. Das ist der Punkt, an dem echter Frieden wachsen kann. Nicht weichgespült. Sondern stark. Wahr. Und wach.

Wenn du tiefer in diese Themen eintauchen willst – als Mann, als neurodivergenter Mensch, als jemand auf der Suche nach innerer Wahrheit – dann schau dich in der HOCHiX Akademie um.

Dort findest du Begleitung, Austausch, Impulse – jenseits von Kitsch und Klischee.

Sonnige Grüße
Harald

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