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Anne Heintze
Harald Heintze
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Hochfunktionaler Autismus: Zwischen Unsichtbarkeit und intensiver Wahrnehmung
Hochfunktionaler Autismus, auch bekannt als Asperger-Autismus, ist eine Form des Autismus-Spektrums, die oft erst spät im Leben erkannt wird – wenn überhaupt. Menschen mit hochfunktionalem Autismus wirken auf den ersten Blick häufig „normal“, haben einen durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten und können sich scheinbar gut an die Anforderungen des Alltags anpassen.
Doch hinter dieser äußeren Normalität verbirgt sich eine Welt voller Herausforderungen, die viele Betroffene tiefgreifend beeinflusst.
Was ist hochfunktionaler Autismus?
Hochfunktionaler Autismus wird oft als „unsichtbare“ Form des Autismus beschrieben, weil die Betroffenen keine offensichtlichen Entwicklungsverzögerungen zeigen. Sie lernen früh sprechen, haben keine gravierenden Lernschwierigkeiten und sind in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen.
Das bedeutet aber nicht, dass ihr Leben einfach ist – im Gegenteil. Menschen mit hochfunktionalem Autismus haben häufig eine intensive Wahrnehmung und kämpfen mit sozialen, emotionalen und sensorischen Herausforderungen.
Die unsichtbaren Hürden
Was macht hochfunktionalen Autismus so besonders – und so schwierig zu erkennen? Die größten Schwierigkeiten liegen im sozialen und sensorischen Bereich:
- Soziale Interaktion und Kommunikation:
Menschen mit hochfunktionalem Autismus haben oft Probleme, soziale Signale zu deuten. Small Talk oder Gruppendynamik können sie überfordern, da sie die unausgesprochenen Regeln und Nuancen des sozialen Miteinanders nur schwer verstehen. Ironischerweise sind viele Betroffene sehr gut darin, sich diese Regeln bewusst anzutrainieren, was oft dazu führt, dass ihr Autismus von anderen nicht wahrgenommen wird. - Intensives Erleben und Spezialinteressen:
Viele hochfunktionale Autisten haben sehr spezielle Interessen, in die sie sich mit großer Leidenschaft vertiefen. Diese Interessen sind nicht nur ein Hobby, sondern oft eine Quelle der Freude und Beruhigung. Gleichzeitig kann ihre intensive Auseinandersetzung mit einem Thema auch zu sozialer Isolation führen, da andere Menschen diese Leidenschaft oft nicht teilen oder verstehen.
- Reizüberflutung und sensorische Empfindlichkeit:
Hochfunktionale Autisten nehmen Reize intensiver wahr. Ein normaler Stadtbummel kann zu einer Überforderung werden, weil Lichter, Geräusche und Gerüche überwältigend sind. Manche Betroffene beschreiben, dass sie sich nach einem Tag voller sozialer Interaktion komplett ausgelaugt fühlen und Ruhephasen dringend benötigen, um sich zu erholen.
Wie sich hochfunktionaler Autismus anfühlt
Der Artikel der AOK erklärt eindrücklich, wie sich hochfunktionaler Autismus anfühlen kann: Menschen, die betroffen sind, haben oft das Gefühl, „anders“ zu sein oder nicht ganz dazuzugehören. Sie fühlen sich wie Außenseiter in einer Welt, die sie nicht vollständig verstehen, und kämpfen oft mit den Erwartungen der Gesellschaft, sich „normal“ zu verhalten.
Ein Betroffener beschreibt, dass er als Kind immer wieder gesagt bekam: „Reiß dich zusammen!“ – ein Satz, der viele hochfunktionale Autisten ihr Leben lang begleitet.
Dabei ist das Problem nicht der Wille, sich anzupassen, sondern die Tatsache, dass es neurologisch bedingt oft schlicht unmöglich ist, sich in der von der Gesellschaft erwarteten Weise zu verhalten. Das ständige Bemühen, sich anzupassen und „normal“ zu wirken, führt bei vielen Betroffenen zu extremer Erschöpfung und sogar zu Burn-out.
Das Leben zwischen Anpassung und Selbstakzeptanz
Die größte Herausforderung für viele hochfunktionale Autist
ist es, einen Weg zu finden, der zwischen Anpassung und Selbstakzeptanz liegt. Viele von ihnen lernen, sich in sozialen Situationen zu verstellen und Masken aufzusetzen, um nicht aufzufallen. Diese Maskierung kann auf Dauer jedoch zu einem enormen inneren Druck führen. Der Wunsch, verstanden und akzeptiert zu werden, steht oft im Konflikt mit dem Gefühl, „immer anders“ zu sein.
Gleichzeitig berichten viele Betroffene, dass sie überaus ehrlich und loyal sind, weil sie es nicht verstehen, sich zu verstellen oder zu lügen. Ihre direkte und oft unverblümte Art wird von anderen nicht immer geschätzt, obwohl sie eine große Stärke sein kann. Der Wunsch nach Authentizität ist ein zentrales Thema für viele Menschen mit hochfunktionalem Autismus.
Wie kann man unterstützen?
Menschen mit hochfunktionalem Autismus brauchen keine „Heilung“, sondern Verständnis und Akzeptanz. Es geht darum, ihre Besonderheiten als Teil ihrer Identität zu sehen und sie in ihrer Einzigartigkeit zu würdigen. Ein unterstützendes Umfeld, das Rücksicht auf sensorische Empfindlichkeiten und soziale Schwierigkeiten nimmt, kann einen großen Unterschied machen.
Tipps für den Umgang:
- Geduld und Klarheit:
Autisten schätzen klare Kommunikation. Indirekte Andeutungen oder ironische Bemerkungen werden oft nicht verstanden. Je klarer und direkter die Kommunikation ist, desto besser.
- Akzeptanz statt Anpassung:
Es ist wichtig, hochfunktionale Autisten nicht ständig zu ermutigen, sich anzupassen, sondern sie so zu akzeptieren, wie sie sind. Ihre Eigenarten sind kein Defizit, sondern Teil ihrer Persönlichkeit.
- Rückzugsorte schaffen:
Da Reizüberflutung ein großes Problem sein kann, sind Rückzugsorte, an denen sie zur Ruhe kommen können, extrem wichtig. Einfache Maßnahmen wie das Reduzieren von Lärm oder grellem Licht können helfen, die Umgebung angenehmer zu gestalten.
Hochfunktionaler Autismus in der Familie
Wenn man, wie ich, eine familiäre Verbindung zu hochfunktionalem Autismus hat, wird die Thematik noch persönlicher. Mein Vater war Asperger-Autist, und diese Erfahrungen haben mein Leben geprägt.
In einer Familie, in der Autismus „normal“ erscheint, ist es manchmal schwer, die eigenen Besonderheiten als Teil des Spektrums zu erkennen. Doch diese familiäre Akzeptanz kann auch ein Schutzfaktor sein, der hilft, den eigenen Weg ohne übermäßigen Leidensdruck zu gehen.
Hochfunktionaler Autismus ist mehr als „unsichtbar“
Hochfunktionaler Autismus mag äußerlich oft unsichtbar sein, doch innerlich bedeutet er eine Welt voller intensiver Wahrnehmungen und Herausforderungen. Es ist wichtig, das Verständnis für diese Form des Autismus zu stärken und die Betroffenen in ihrem Anderssein zu bestärken.
Denn am Ende geht es nicht darum, sich anzupassen, sondern darum, in einer Welt, die oft unverständlich erscheint, den eigenen Platz zu finden – und diesen mit Stolz zu leben.
Hier kannst du mehr über Asperger Autismus lesen.
Herzlichst,
Anne