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Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
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Grenzüberschreitung ist ganz normal für normalsensible Menschen. Sie merken es nicht einmal.
Es gibt diese Momente, in denen du dir denkst: „Das war jetzt einfach zu viel!“ Gerade ist es wieder passiert. Wir sind in einem Seminarzentrum und ich sitze am letzten sonnigen Tag draußen vor meinem Zimmer beim Frühstück. Kommt eine wildfremde Frau auf mich zu, inspiziert erst meinen Frühstückstisch, geht dann in mein Zimmer und schaut sich um. Angeblich, um herauszufinden, ob sie selbst vor fünf Jahren in genau diesem Zimmer gewohnt hat. Das ist für mich eine klare Grenzüberschreitung.
Auch in der psychospirituellen Szene erlebe ich das ständig
Fremde Menschen begrüßen mich freundlich. Aber wie?!?!? Sie umarmen mich, als wäre ich ein langjähriger Freund. Dabei kenne ich sie nicht, sehe sie zum ersten oder 20sten Mal und damit sind sie sicher noch nicht meine Freunde. Was für viele als normal gilt, fühlt sich für mich übergriffig an.
Oft bin ich so perplex, dass ich gar nicht richtig klar abgrenzend reagiere. Ich bin wie gelähmt und schüttele innerlich oder sogar äußerlich nur stumm den Kopf und denk mir, „das ist jetzt nicht wirklich wahr, oder“? Das heute Morgen hat mich echt perplex gemacht. Aber bei anderen Dingen wie zum Beispiel bei Umarmungen hab ich mir schon gelernt, mich deutlich auszudrücken.
Leider scheinen solche Grenzüberschreitungen heute Alltag zu sein. Harald meinte neulich: „Grenzüberschreitungen sind normal.“ Vor allen Dingen für normalsensible Menschen. Und da hat er wohl recht. Aber muss das so bleiben?
Persönliche Grenzen – warum sie so wichtig sind
Der persönliche Raum, oft als „Aura“ oder „energetisches Feld“ bezeichnet, ist ein unsichtbarer Bereich um unseren Körper, den wir als „unser“ empfinden. Unser persönlicher Raum ist ein Schutzschild. Die Studie dieser räumlichen Beziehungen wird als Proxemik bezeichnet, ein Begriff, der von dem Anthropologen Edward T. Hall geprägt wurde.
Wie Edward T. Hall herausfand, gibt es unsichtbare Zonen, die wir als „unsere“ empfinden. Die intime Zone von 0 bis 45 cm um uns herum ist für unsere engsten Vertrauten reserviert – Familie, Partner, Kinder.
Doch was passiert, wenn Fremde sich in diese Zone drängen, uns umarmen oder tief in die Augen schauen, als wären wir seit Jahren vertraut? Das verletzt nicht nur diese unsichtbaren Grenzen, sondern hinterlässt bei vielen von uns hochsensiblen und möglicherweise auch introvertierten Menschen, so wie ich, ein deutliches Gefühl des Unwohlseins.
Die psychospirituelle Szene – Bussi-Bussi und Umarmungen
Gerade in der psychospirituellen Szene wird Körperkontakt oft als Ausdruck von Nähe und Verbundenheit verstanden. Doch was, wenn diese Nähe für dich gar nicht passend ist? Bussi-Bussi, tief in die Augen schauen, umarmen – oft ohne vorherige Zustimmung. Wo bleibt hier der Respekt für den persönlichen Raum?
Es stellt sich die Frage: Wie soll ich noch meine Lieblingsmenschen, meine Familie begrüßen, wenn ich bereits jeden Fremden mit einer Umarmung empfangen soll? So wird eine Umarmung zu einer beliebigen Geste und verliert jede Bedeutung von echter persönlicher Zuwendung und Verbundenheit für mich
Wann wird aus Normalität eine Grenzüberschreitung?
Grenzüberschreitungen sind nicht immer so offensichtlich wie ein ungewolltes Betreten deines Zimmers. Sie sind subtiler, aber ebenso unangenehm, wenn sie deine emotionalen oder physischen Grenzen betreffen.
Ein Beispiel: Du hast klargestellt, dass du keine Umarmungen magst. Dennoch gibt es Menschen, die das immer wieder „vergessen“. Das Ignorieren solcher klar kommunizierten Grenzen ist eine andere Form der Grenzüberschreitung, die genauso schmerzhaft sein kann.
Die Armlängen-Regel: So schützt du deinen Raum
Ein bewährtes Mittel, um deinen persönlichen Raum zu wahren, ist die sogenannte Armlängen-Regel. Sie besagt, dass ein gesunder Abstand etwa eine Armlänge beträgt. In diesem Abstand kannst du dein Gegenüber gut sehen und hören, ohne dich bedrängt zu fühlen.
Im Alltag kann es helfen, diesen Abstand bewusst einzuhalten und notfalls freundlich darauf hinzuweisen. So vermeidest du das Gefühl, in eine zu intime Nähe gezwungen zu werden. Ich lerne das gerade und leicht fällt es mir nicht.
Zonen des persönlichen Raums
Edward T. Hall definierte vier Hauptzonen des persönlichen Raums:
- Intime Zone (0–45 cm): Für enge Freunde, Familie und Liebhaber reserviert.
- Persönliche Zone (45–120 cm): Für Freunde und Bekannte, entspricht etwa der Armlängen-Regel.
- Soziale Zone (120–360 cm): Für formellere Interaktionen, z.B. mit Kollegen oder Fremden.
- Öffentliche Zone (über 360 cm): Für öffentliche Auftritte oder Interaktionen mit größeren Gruppen.
Kulturelle Unterschiede
Die Größe und Bedeutung dieser Zonen kann je nach Kultur stark variieren. In einigen Kulturen ist ein engerer Kontakt üblich, während in anderen größere Abstände bevorzugt werden.
Faktoren, die den persönlichen Raum beeinflussen
- Beziehung und Vertrautheit
- Kultureller Hintergrund
- Persönlichkeit und individuelle Präferenzen
- Situativer Kontext (z.B. in einem vollen Aufzug)
- Emotionaler Zustand
Respekt für den persönlichen Raum
Das Verständnis und der Respekt für den persönlichen Raum anderer ist ein wichtiger Aspekt sozialer Kompetenz. Eine Verletzung dieser unsichtbaren Grenzen kann zu Unbehagen, Stress oder sogar Konflikten führen.
Was kannst du tun, wenn deine Grenzen verletzt werden?
Abgrenzung ist keine leichte Aufgabe, besonders wenn das Umfeld es nicht gewohnt ist, persönliche Grenzen zu respektieren. Doch es ist absolut notwendig, für dein Wohlbefinden einzustehen. Hier sind ein paar Tipps, wie du das erreichen kannst:
- Klar und deutlich kommunizieren:
Sag, was dir unangenehm ist. Ob es die unerwünschte Umarmung ist oder das ungebetene Betreten deines Raumes – Kommunikation ist der Schlüssel. - Konsequent sein:
Auch wenn du bereits mehrmals darauf hingewiesen hast, lass nicht nach. Grenzen müssen manchmal wiederholt gesetzt werden. - Deinen Raum bewusst einnehmen:
Sei dir deines eigenen Raumes bewusst und schütze ihn aktiv. Oft hilft es, eine körperliche Distanz zu schaffen, um dich wohler zu fühlen. - Vertrauen in deine Intuition:
Fühlt sich etwas nicht richtig an? Dann steh dazu und erlaube dir, „Nein“ zu sagen. Deine Wahrnehmung ist dein stärkster Verbündeter.
Grenzüberschreitungen gehören leider zum Alltag, doch das bedeutet nicht, dass du sie hinnehmen musst.
Indem du deine Grenzen bewusst setzt und kommunizierst, schützt du nicht nur deinen persönlichen Raum, sondern auch dein emotionales Wohlbefinden. Ob es um körperliche Nähe oder persönliche Privatsphäre geht – du hast das Recht, Nein zu sagen und deine Bedürfnisse zu verteidigen.
Die besondere Bedeutung von Grenzen für hochsensible und hochsensitive Menschen
Für Menschen wie mich, die hochsensibel und hochsensitiv sind, ist das Einhalten von persönlichen Grenzen nicht nur ein Wunsch, sondern eine echte Notwendigkeit.
Unsere feine Wahrnehmung führt dazu, dass wir viel intensiver auf Reize reagieren – sei es auf Geräusche, Stimmungen oder körperliche Berührungen. Wenn dann jemand ungebeten in unseren persönlichen Raum eindringt oder unsere klar kommunizierten Wünsche ignoriert, wird das für uns schnell zu einer extremen Belastung. Grenzüberschreitungen wie die, die ich heute erlebte, gehen dabei oft tiefer als es auf den ersten Blick scheint.
Warum persönliche Grenzen für Hochsensible wie mich so entscheidend sind
Wir Hochsensiblen erleben die Welt in einer Tiefe und Intensität, die viele Menschen nicht nachvollziehen können. Alles – von der Berührung über den Tonfall bis hin zu den kleinsten Schwingungen – wird wahrgenommen und verarbeitet. Deshalb ist es für uns von entscheidender Bedeutung, dass unser persönlicher Raum und unsere Grenzen respektiert werden.
Jede unerwünschte Berührung oder Nähe, die über das hinausgeht, was wir selbst wollen, fühlt sich für uns nicht nur unangenehm an – sie kann uns emotional aus der Bahn werfen.
Die ständige Flut von Eindrücken, kombiniert mit einem Mangel an respektvollem Abstand, führt zu einer Reizüberflutung, die wir kaum kontrollieren können. Das ist auch der Grund, warum ich körperliche Umarmungen von Menschen, die ich kaum kenne, als Grenzüberschreitung empfinde. Das mag für manche Menschen vielleicht „normal“ sein, aber für uns Hochsensible ist es das nicht.
Abgrenzung als Akt der Selbstfürsorge
Grenzen zu setzen, ist für uns ein Akt der Selbstfürsorge. Wir haben das Recht, „Nein“ zu sagen – egal, ob es sich um körperliche Nähe, emotionale Anforderungen oder andere Formen der Interaktion handelt.
Studien zeigen, dass Menschen, die sich in ihrem persönlichen Raum bedrängt fühlen, oft negative psychologische Effekte erleben. Grenzüberschreitungen führen dabei häufig zu einem Gefühl der Verletzlichkeit oder des Machtverlustes.
Ich lade dich, wenn du auch hochsensibel bist, dazu ein, auf deine eigenen Grenzen zu achten und sie klar zu kommunizieren. Es mag anfangs ungewohnt sein, aber es ist unerlässlich, um sich selbst vor Überforderung zu schützen.
Gerade in der psychospirituellen Szene ist es üblich, körperliche Nähe als Zeichen von Verbundenheit zu verstehen. Doch ich habe gelernt, dass ich mir erlauben darf, mich hier abzugrenzen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Selbstachtung.
Ein Aufruf an alle Hochsensiblen: Schütze deinen Raum!
Wir hochsensiblen Menschen müssen noch stärker darauf achten, unseren persönlichen Raum zu bewahren. Dein Wohlbefinden hängt davon ab, dass du dich in deinem eigenen Energiefeld sicher fühlst. Respektiere deine eigenen Bedürfnisse und setze klare Grenzen – körperlich, emotional und energetisch. Du wirst sehen, dass dies nicht nur dein inneres Gleichgewicht stärkt, sondern auch deine Beziehungen zu anderen Menschen auf eine gesündere Basis stellt.:
Grenzüberschreitungen treffen hochsensible und hochsensitive Menschen besonders hart. Klare Abgrenzung ist notwendig, um uns vor emotionaler und physischer Überforderung zu schützen.
Ich lade dich dazu ein, dich für deine eigenen Bedürfnisse stark zu machen und deine Grenzen zu verteidigen – denn du hast das Recht, deinen Raum zu schützen.
Ich hoffe, ich habe das Geschenk deiner Zeit verdient.
Sonnige Grüße von
Anne