Ghosting: Warum es neurodivergente Menschen besonders trifft – und wie du dich schützen kannst

Ghosting: Warum es neurodivergente Menschen besonders trifft – und wie du dich schützen kannst
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Wenn jemand plötzlich ohne Erklärung aus deinem Leben verschwindet, kann das eine tiefe Verunsicherung hinterlassen. Du schreibst Nachrichten, bekommst aber keine Antwort mehr. Du fragst dich, was passiert ist, doch die Stille bleibt. Kein Abschied, keine Erklärung – einfach nichts.

Ghosting ist eine der schmerzhaftesten Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist nicht nur das Verschwinden eines Menschen, sondern auch das Fehlen eines klaren Endes, das es so schwierig macht.

Während viele neurotypische Menschen solche Situationen als unangenehm, aber eben „einfach Teil des Lebens“ verbuchen, trifft es neurodivergente Menschen oft besonders stark. Warum? Weil sie intensiver fühlen, tiefer denken und Bindungen nicht leichtfertig eingehen.

Warum sind neurodivergente Menschen häufiger von Ghosting betroffen?

HOCHiX-Menschen – also hochsensible, hochsensitive, vielbegabte und autistische Menschen – geraten überdurchschnittlich oft in Situationen, in denen Ghosting passiert. Das liegt nicht daran, dass mit ihnen etwas „falsch“ wäre, sondern an der Art, wie sie Beziehungen erleben und gestalten.

  • Tiefe Verbundenheit und starke emotionale Investition: HOCHiX-Menschen nehmen Beziehungen nicht leicht. Sie investieren viel emotionale Energie in ihre Verbindungen – sei es in Freundschaften, romantische Beziehungen oder berufliche Kontakte. Ihr Wunsch nach Echtheit und Verlässlichkeit macht sie besonders verletzlich, wenn jemand sich wortlos zurückzieht.
  • Überdurchschnittliche Empathie und Sensibilität: Hochsensible und hochsensitive Menschen nehmen subtile Veränderungen in der Kommunikation oft sofort wahr. Sie spüren, wenn etwas „nicht stimmt“, können es aber oft nicht greifen. Das Fehlen einer Erklärung nach einem Kontaktabbruch kann eine quälende Unsicherheit erzeugen.
  • Analytisches Denken und Schwierigkeiten mit dem Unausgesprochenen: Besonders für autistische Menschen oder Scanner-Persönlichkeiten kann Ghosting extrem belastend sein. Sie neigen dazu, soziale Interaktionen auf eine logische Weise verstehen zu wollen. Doch Ghosting ist nicht logisch – es entzieht sich jeder klaren Erklärung und hinterlässt viele offene Fragen.
  • Schwierigkeiten mit Abgrenzung und Loslassen: Neurodivergente Menschen haben oft ein großes Verantwortungsgefühl in Beziehungen. Sie sind es gewohnt, für andere da zu sein, Gespräche am Laufen zu halten und Konflikte zu lösen. Doch Ghosting entzieht ihnen jede Möglichkeit, eine Situation zu klären. Das Gefühl, im Unklaren gelassen zu werden, kann tief verunsichern.
  • Ein starkes Bedürfnis nach Klarheit und Authentizität: Viele HOCHiX-Menschen wünschen sich tiefe und echte Beziehungen. Oberflächliche oder unklare Dynamiken sind für sie schwer auszuhalten. Wenn jemand ghostet, kann es sich anfühlen, als würde plötzlich die Realität einer Verbindung in Frage gestellt – als hätte sie vielleicht nie wirklich existiert.
  • Was macht Ghosting so schwer zu verarbeiten?
Das Hauptproblem beim Ghosting ist nicht nur der Kontaktabbruch selbst, sondern das plötzliche Fehlen von Antworten. Unser Gehirn sucht nach Erklärungen, nach einer Geschichte, die das Geschehene in einen Sinnzusammenhang bringt. Doch genau das bleibt aus.


Besonders neurodivergente Menschen neigen dazu, die Situation immer wieder zu durchdenken. Sie stellen sich Fragen wie:

  • Habe ich etwas Falsches gesagt oder getan?
  • War ich zu intensiv, zu fordernd, zu emotional?
  • Hätte ich etwas anders machen müssen?
  • War die Beziehung überhaupt echt oder habe ich mir etwas vorgemacht?


Dieses Grübeln kann schlaflose Nächte und ein Gefühl der Wertlosigkeit erzeugen. Es ist schwer, etwas abzuschließen, das sich anfühlt wie eine offene Wunde. Und weil Ghosting oft dann passiert, wenn eine Verbindung emotional intensiver wird, trifft es besonders dann, wenn bereits Vertrauen entstanden ist.
 

Ghosting kann sich wie eine totale Ablehnung der eigenen Person anfühlen.

Doch in Wahrheit hat es oft nichts mit dir zu tun – sondern mit der Unfähigkeit der anderen Person, klar zu kommunizieren. Viele Menschen ghosten, weil sie Konflikten aus dem Weg gehen wollen, sich überfordert fühlen oder selbst emotionale Unsicherheiten haben.

Wie kannst du dich vor Ghosting schützen?

Obwohl du nicht verhindern kannst, dass jemand dich ghostet, kannst du lernen, besser damit umzugehen und dich davor zu schützen, allzu tief verletzt zu werden.

Zunächst einmal ist es wichtig, deinen eigenen Selbstwert nicht von der Reaktion anderer abhängig zu machen. Je mehr du dir deines eigenen Wertes bewusst bist, desto weniger wirst du in die Falle tappen, dir selbst die Schuld für das Verhalten anderer zu geben. Ghosting ist ein Zeichen von Unsicherheit und Vermeidungsverhalten – nicht von deinem Versagen.

Ein entscheidender Schutzmechanismus besteht darin, frühzeitig auf Warnsignale zu achten. Menschen, die sich emotional nicht ganz einlassen, die Nähe und Distanz immer wieder wechseln oder sich vage über ihre Absichten äußern, zeigen oft Muster, die auf Ghosting hindeuten können. Besonders wenn du merkst, dass du dich in einer Beziehung immer wieder verunsichert fühlst, lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Wichtig ist auch, klare Grenzen für dich selbst zu setzen. Wenn du spürst, dass du in einer Verbindung übermäßig viel investierst und wenig zurückbekommst, frag dich: Fühlt sich diese Beziehung wirklich gut an? Habe ich das Gefühl, dass mein Gegenüber wirklich präsent ist?

Ghosting ist auch ein Test für dein eigenes Vertrauen in dich selbst. Es zeigt dir, wo du vielleicht noch Unsicherheiten hast oder wo du an Menschen festhältst, die dir nicht guttun.

Die beste Strategie, um mit Ghosting umzugehen, ist nicht, den Ghoster zu „verstehen“ oder zu analysieren, sondern dich selbst zu fragen: Warum will ich von jemandem Bestätigung, der mich nicht respektvoll behandelt?

Wenn du von Ghosting betroffen bist, versuche Folgendes:

  • Hör auf, nach Antworten zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du eine befriedigende Erklärung bekommst, ist gering. Akzeptiere, dass du sie nicht brauchst.
  • Erkenne, dass Ghosting kein Urteil über deinen Wert ist. Es sagt nichts über dich aus, sondern nur über die Unfähigkeit der anderen Person, mit Emotionen oder Konflikten umzugehen.
  • Erlaube dir, wütend zu sein – aber nicht zu lange. Es ist okay, enttäuscht oder verletzt zu sein. Doch lass nicht zu, dass das Verhalten einer anderen Person deine eigene Energie frisst.
  • Schließe innerlich ab, auch ohne eine Entschuldigung oder ein „Warum“. Du musst nicht auf eine Antwort warten, um weiterzumachen.
  • Stärke dein eigenes Selbstvertrauen. Du verdienst Menschen in deinem Leben, die offen und respektvoll mit dir umgehen.

 

Ghosting ist schmerzhaft, aber es kann dir auch eine wichtige Lektion geben: Es zeigt dir, wem du wirklich wichtig bist – und wer nicht. Wer einfach verschwindet, ohne sich zu erklären, hat keinen Platz in deinem Leben verdient. Und das ist keine Niederlage, sondern eine Befreiung.

Als ich einmal unter dem Ende einer Beziehung mit Ghosting gelitten habe, sagte meine Tochter einfach zu mir: „Mama, wenn er dich nicht will, dann hat er dich nicht verdient.“ Und das war wunderbar. Manchmal ist die Wahrheit so einfach – und so befreiend.

Ich hoffe, ich habe das Geschenk deiner Zeit verdient.

Herzlichst,
Anne

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