Themen
Hochsensibilität & Hochsensitivität
Scanner-Persönlichkeit
Vielbegabung
Hochbegabung
Hochbewusstsein
Autismus
Coachingpraxis
Beruf & Karriere
Gefühle & Emotionen
Liebe & Partnerschaft
Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
Online-Akademie
Entdecke leicht umsetzbare und alltagstaugliche Selbstcoaching-Tools und E-Books.
Emotionale Erpressung: So erkennst du sie und konterst souverän

Emotionale Erpressung beschreibt einen Manipulationsstil, bei dem jemand deine Gefühle nutzt, um dein Verhalten zu kontrollieren oder dich dazu zu bringen, etwas gegen deinen Willen zu tun. Insbesondere in Beziehungen ist dies keine Seltenheit.
Die Art der Beziehung spielt hierbei keine Rolle. Es kann sich sowohl um die Beziehung mit dem Partner als auch mit der Familie oder Freunden handeln. Hierbei besteht eine beidseitige emotionale Abhängigkeit, bei der sich auf der einen Seite Verlustängste und auf der anderen Seite das starke Verlangen nach Harmonie und Liebe befinden.
Menschen, die ihren Willen mittels emotionaler Erpressung durchsetzen, sind nicht in der Lage, durch angemessene Kommunikation ihre Wünsche klar und direkt zu formulieren. Du als Opfer der emotionalen Erpressung lässt diesen Prozess über dich ergehen, um so weiteren Konflikten aus dem Weg zu gehen und deinen Partner nicht zu verletzen. Diese Reaktion zeigt dem Erpresser jedoch nicht nur, dass sein Verhalten erfolgreich ist. Darüber hinaus wird ihm vermittelt, dass er sogar das Recht hat, sich so zu verhalten.
Wie funktioniert emotionale Erpressung und woran erkennt man sie?
Wie bei einer typischen Erpressung geht es bei der emotionalen Erpressung darum, dass jemand versucht, das zu bekommen, was er von dir will. Aber statt zum Beispiel deine Geheimnisse gegen dich in der Hand zu haben, manipuliert er dich mit deinen eigenen Emotionen. Jeder Konflikt endet in einer Grundsatzdiskussion über Loyalität, in welcher dich der Erpresser dazu bringen möchte, dich nicht für oder gegen einen Standpunkt, sondern für oder gegen seine Person zu entscheiden.
Emotionale Erpressung lässt sich in sechs Phasen unterteilen:
1. Forderung
Die erste Phase der emotionalen Erpressung beinhaltet für gewöhnlich eine Forderung. Zum Beispiel kann dein Gegenüber verlangen, dass du dich mit einem bestimmten Freund nicht mehr treffen sollst. Eine subtilere Möglichkeit, um diesen Wunsch ohne direkte Ansprache anzubringen, besteht darin, dass dein Gegenüber in Gegenwart der unerwünschten Person nicht mehr oder nur sarkastisch spricht. Sprichst du ihn dann auf sein merkwürdiges Verhalten an, wird oft mit einem Vorwand reagiert, zum Beispiel, dass dein Freund nicht gut für dich ist oder dich seltsam anschaut.
Es mag sein, dass dein Gegenüber wirklich um dich besorgt ist und deshalb eine solche Forderung an dich stellt. Dennoch ist dies ein Versuch, die Wahl deiner Freunde zu kontrollieren.
2. Widerstand
Wenn du nicht tun willst, was dein Gegenüber von dir verlangt, wirst du womöglich erst einmal abweisend reagieren, seinen Wunsch hinterfragen und somit Widerstand leisten. Entweder sagst du direkt, dass es deine Entscheidung ist, welche Freunde du hast oder du wählst den für dich einfacheren Weg und beginnst damit, deinem Gegenüber zu verheimlichen, dass du deinen Freund weiterhin siehst.
3. Druck
In einer normalen zwischenmenschlichen Beziehung führt ein solcher Konflikt dazu, dass das Problem besprochen und gegebenenfalls ein Kompromiss gefunden wird.
Will dein Gegenüber sein Ziel jedoch mittels emotionaler Erpressung erreichen, wird er dich unter Druck setzen, damit du seinem Wunsch nachkommst. Zum Beispiel kann er seine Forderung für dich positiv formulieren und erklärt, dass er lediglich an deine Zukunft denkt oder er führt dir vor Augen, auf welche Weise sich deine Zurückweisung negativ auf dich auswirken könnte. Besonders hartnäckige emotionale Erpresser beginnen sogar damit, dich zu kritisieren oder zu erniedrigen. Ein weit verbreiteter Satz in einer solchen Situation ist: „Wenn du mich wirklich liebst, dann würdest du es tun.“
4. Bedrohungen
Emotionale Erpressung kann auch direkte oder indirekte Bedrohungen beinhalten:
– Direkte Bedrohung. „Wenn du heute Abend mit deinem Freund ausgehst, werde ich nicht hier sein, wenn du nach Hause kommst.“
– Indirekte Bedrohung. „Wenn du heute Abend nicht bei mir bleibst, wird es vielleicht jemand anderes tun.“
Möglicherweise wird dein Gegenüber seine Drohung auch positiv formulieren. Eine Möglichkeit ist, dass er sagt: „Wenn du heute Abend zu Hause bleibst, wirst du eine viel bessere Zeit haben, als wenn du ausgehen würdest. Das ist wichtig für unsere Beziehung.“
Es mag nicht nach einer ernsthaften Drohung klingen, jedoch ist dies nach wie vor ein Manipulationsversuch. Hintergrund dieser Aussagen ist, dass dir vor Augen geführt werden soll, welche Auswirkungen eine konsequente Ablehnung deinerseits auf eure Beziehung haben könnte.
5. Nachgeben
Selbstverständlich möchtest du derartigen Stress oder gar ernsthafte Beziehungsprobleme vermeiden und gibst für gewöhnlich an dieser Stelle nach. Du beginnst vielleicht damit, dich zu fragen, ob dein Widerstand überhaupt berechtigt und die ganze Diskussion wert gewesen ist. Damit hat dein emotionaler Erpresser sein Ziel bereits erreicht. Er wird dich unverzüglich mit Frieden und Harmonie belohnen, was du dankbar annehmen wirst.
6. Wiederholung
Sobald du deinem Erpresser bewiesen hast, dass du seiner emotionalen Manipulation nachgibst, weiß dieser genau, wie er zukünftig in ähnlichen Situationen umzugehen hat. Du wiederum erkennst, dass es leichter ist, einer Forderung nachzugeben, anstatt sich endlosem Stress, Diskussionen und sogar Bedrohungen auszusetzen. Möglicherweise akzeptierst du sogar die Tatsache, dass eure zwischenmenschliche Beziehung an gewisse Bedingungen geknüpft ist. Die Folge davon ist, dass dieses Muster in Zukunft fortgesetzt wird und sich eine ausgeprägte emotionale Abhängigkeit entwickelt.
Beispiele für emotionale Erpressung
Ein typischer emotionaler Erpresser wendet oft eine Vielzahl von Taktiken an, um sein Ziel zu erreichen. Es gibt jedoch vier unterschiedliche Typen, die sich dabei definieren lassen:
Der Bestrafer
Eine Person, die Bestrafungstaktiken anwendet, sagt grundsätzlich, was sie will und wird dich immer damit konfrontieren, was passiert, wenn du seinen Forderungen nicht entgegenkommst. Er manipuliert dich durch direkte Bedrohungen, aber auch durch Aggression, Wut oder eine Bestrafung durch anhaltendes Schweigen. Im schlimmsten Fall wirst du sogar Opfer von physischer Gewalt.
Der Selbstbestrafer
Dieser Typ des emotionalen Erpressers verwendet ebenfalls Drohungen, jedoch droht er eher damit, wie du ihn verletzen wirst, wenn du seiner Bitte nicht nachkommst und appelliert damit aktiv an dein Gewissen. Derartige Personen können die Situation so verändern, dass es letztendlich so aussieht, als ob du die für die ganzen Probleme verantwortlich bist und es ausschließlich in deiner Hand liegt, den Frieden durch dein Entgegenkommen wiederherzustellen.
Der Leidende
Diese Form des emotionalen Erpressers wird auf deine Ablehnung nicht mit Worten, sondern mit Gefühlen reagieren. Er wird dir zeigen, wie sehr du ihn (angeblich) beleidigt und verletzt hast. Er wird traurig und niedergeschlagen erscheinen, über Schmerzen oder Beschwerden klagen und vielleicht sogar Tränen vergießen. Der Leidende begibt sich vor dir in die Opferrolle und spricht damit ebenfalls dein schlechtes Gewissen an.
Der Verlockende
Bei dieser Art der emotionalen Erpressung scheint die Manipulation eher eine freundliche Geste zu sein. Der Erpresser lockt hier mit Belohnungen, die du jedoch nur dann erhältst, wenn er von dir bekommst, was er will. Motiviert durch Lob und Ermutigung folgst du immer weiter den dir erteilten Anweisungen, triffst jedoch auch auf immer wieder neue Hürden.
Wie geht man mit emotionaler Erpressung um?
Hast du den Verdacht, dass du emotional erpresst wirst, stehen dir einige Möglichkeiten zur Verfügung, um angemessen darauf zu reagieren.
Viele Menschen lernen Erpressungstaktiken bereits in jungen Jahren von ihren Eltern, ihren Geschwistern oder auch von ehemaligen Partnern. Im Laufe der Zeit lernen sie daher, wie diese Verhaltensweisen ihnen grundsätzlich dabei behilflich sein können, um konsequent ihren Willen durchzusetzen und ihre individuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Es ist also möglich, dass du absichtlich mit Hilfe von emotionaler Erpressung in deinen Entscheidungen manipulierst wirst.
Es ist jedoch zunächst erst einmal wichtig zu erkennen, was keine emotionale Erpressung darstellt. Wirst du mit den Wünschen oder Grenzen eines geliebten Menschen konfrontiert, ist es möglich, dass du Widerstand leisten möchtest, wenn du dich diesen nicht anschließen kannst.
Drücke deine Grenzen aus
Jeder Mensch sollte das Recht haben, im Bedarfsfall seine Grenzen auszudrücken und auch neu festzulegen. Emotionale Erpressung beginnt erst dann, wenn zu emotionalem Druck, Drohungen oder Kontrolle gegriffen wird. Bemerkst du Schuldgefühle oder unangemessene Selbstzweifel bei dir selbst oder fühlst du dich durch dein Vermeidungsverhalten in deinem Leben eingeschränkt, wird auch dein Bauchgefühl dir verraten, dass etwas nicht stimmt und dass du Opfer einer emotionalen Erpressung bist.
Um richtig damit umzugehen und daraus auszubrechen, solltest du folgende Schritte befolgen:
Ruhig bleiben und sich Zeit nehmen
Eine Person, die versucht, dich zu manipulieren, kann dich zu einer sofortigen Antwort drängen wollen. Bist du verärgert oder ängstlich, könntest du übereilt nachgeben, bevor du andere Möglichkeiten in Betracht ziehen konntest. Dies ist bereits oft ein entscheidender Grund dafür, warum emotionale Erpressung funktioniert. Stattdessen solltest du jedoch so ruhig wie möglich bleiben und deinem Gegenüber deutlich machen, dass du Zeit für eine Antwort benötigst. Möglicherweise wird er ablehnend reagieren, in diesem Punkt solltest du jedoch hartnäckig bleiben und wiederholt um etwas Bedenkzeit bitten.
Beginne ein Gespräch
Die gewonnene Zeit kannst du nutzen, um deine Strategie für ein Folgegespräch zu erarbeiten. Diese ist abhängig von den allgemeinen Umständen sowie von dem Verhalten deines Gegenübers und seiner individuellen Forderung. Wichtig ist, dass du dich emotional und körperlich sicher und selbstbewusst fühlst, wenn du in das Gespräch gehst. Viele emotionale Erpresser wissen genau, was sie tun. Sie denken ausschließlich daran, dass sie ihr Ziel erreichen wollen, deine persönlichen Bedürfnisse stehen dabei im Hintergrund. Konfrontiere deinen Erpresser damit, was seine Forderung für dich bedeutet, da er dies unter Umständen gar nicht berücksichtigt hat. Führe ihm außerdem vor Augen, wie du dich durch seine Wortwahl und sein Verhalten fühlst. Du solltest in einem solchen Gespräch nicht zu Ich-Botschaften greifen oder vorwurfsvoll klingen, sondern zunächst einmal ihm gegenüber äußern, dass möglicherweise lediglich ein Missverständnis vorliegt und dein Verdacht auf eine emotionale Erpressung völlig unbegründet ist. Frage deinen Gegenüber außerdem immer nach seiner Meinung und seinen Gefühlen in dieser Angelegenheit, so wirst du die zukünftige Kommunikation sofort verbessern können.
Erkenne deine Schwachstellen
Ein Mensch, der dich manipulieren möchte, weiß dich in der Regel sehr gut einzuschätzen und hat bereits gelernt, welche Knöpfe er drücken muss, damit du tust, was er möchte. Streitest du zum Beispiel nicht gern in der Öffentlichkeit, wird er dich genau dort mit seinem Anliegen konfrontieren. Verstehst du aber deine Ängste und Überzeugungen, ist es für dich einfacher, deinem Gegenüber genau diese Macht zu entziehen. Du solltest dich daher auf spezielle Situationen vorbereiten, welche für dich eine besondere Herausforderung darstellen könnten. Ist dein generelles Auftreten eher unterwürfig, stellt dies ebenfalls eine Schwachstelle dar. Eine gebeugte Körperhaltung signalisiert deinem Erpresser Schwäche und drängt dich in die Opferrolle. Eine aufrechte Haltung und eine selbstbewusste Darstellung deines Standpunktes bringen dich mit deinem Gegenüber auf eine Ebene.
Beginne aktiv mit der Problemlösung
Trägst du effektiv zur Findung eines Kompromisses bei, erscheint deine Reaktion nicht mehr wie eine generelle Ablehnung. Erkläre deinem Gegenüber deine Gefühle und beginne damit, gemeinsam eine Lösung für das Problem zu finden. Zeige ihm, dass es dir wichtig ist, seine Beweggründe zu verstehen. Dies wiederum wird ihm beweisen, dass du gewillt bist, mit ihm an einem Kompromiss zu arbeiten und ein wirksames System für eine Entscheidungsfindung zu entwickeln.
Bei Bedarf auch loslassen können
Verändert sich das Verhalten deines Gegenübers auch nach einem gut vorbereiteten Gespräch sowie diversen Ansätzen zur Problemlösung nicht, kann es empfehlenswert sein, einen Schlussstrich zu ziehen und eure Beziehung zu beenden. Je nach Art der Beziehung kann dies einfach oder kompliziert sein. Jedoch sollte es sowohl deine Selbstachtung als auch das Bedürfnis, dein Wohlbefinden im Zweifelsfall immer an erster Stelle zu setzen, von dir verlangen, einen derart negativen Einfluss wie eine emotionale Erpressung aus deinem Leben zu verbannen.
Sonnige Grüße
Anne
Lies dazu auch:
- So kannst du aggressiv-passives Verhalten souverän kontern
- Der Lotuseffekt für Gefühle, die du nicht haben willst
- Wie du deine Gefühle steuern lernst
