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Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
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Die unsichtbare Reise - Muttersein als autistische Frau

Das Muttersein ist in jeder Hinsicht anspruchsvoll – emotional, organisatorisch und gesellschaftlich. Doch wie sieht das aus, wenn die Mutter autistisch ist? Für autistische Frauen kommen zusätzliche Herausforderungen hinzu, weil ihre Wahrnehmung und soziale Interaktion anders funktionieren als bei neurotypischen Müttern. Gleichzeitig bringen sie wertvolle Stärken und Perspektiven mit, die das Familienleben bereichern können. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Einblick für autistische Mütter, ihre Kinder und Angehörige, damit sie sich selbst und einander besser verstehen.
Gesellschaftliche Vorurteile: Der Druck, eine „gute Mutter“ zu sein
Autistische Mütter stehen oft unter verstärkter Beobachtung – nicht selten wegen unfairer gesellschaftlicher Vorurteile. Viele Eltern berichten, dass ihnen ihre Fürsorge infrage gestellt wurde, obwohl es keinen Grund dazu gab.
Ein schockierender Einblick: Einige autistische Mütter schildern, dass die Kinderschutzbehörde ohne Beweise gegen sie ermittelte. In Einzelfällen wurden Kinder sogar zeitweise aus der Familie genommen, bevor die Eltern schließlich rehabilitiert wurden. Dies zeigt, wie wenig Verständnis für autistische Erziehungsstile oft herrscht.
Was du tun kannst: Halte wichtige Aspekte deiner Erziehung schriftlich fest. Dokumentiere, wie du für deine Kinder sorgst, damit Missverständnisse mit Behörden oder anderen Personen geklärt werden können. Vernetze dich mit Unterstützern, die für dich einstehen können, wenn Vorurteile aufkommen.
Erwartungen der Kinder und Missverständnisse
Kinder haben oft unausgesprochene Erwartungen an ihre Eltern – die Teilnahme an Schulveranstaltungen, emotionale Unterstützung in schwierigen Lebensphasen oder einfach die Nähe und Aufmerksamkeit, die sie intuitiv von einer Mutter erwarten. Für autistische Frauen können genau diese unausgesprochenen Erwartungen eine Herausforderung darstellen.
Ein Beispiel aus dem Leben: Eine autistische Mutter beschreibt, wie sie erst Jahre später erfuhr, dass ihre Tochter sich gewünscht hatte, dass sie zum Abschlussball kommt oder beim Einzug ins Studentenwohnheim hilft. „Ich dachte, meine Anwesenheit sei nicht nötig oder erwünscht“, schildert sie. Solche Missverständnisse entstehen nicht aus Desinteresse, sondern aus einer anderen Wahrnehmung von sozialen Rollen und Normen.
Tipp: Sprich offen mit deinen Kindern. Erkläre ihnen, dass du Hinweise nicht intuitiv erkennst, und ermutige sie, ihre Wünsche und Bedürfnisse direkt zu äußern. Dies kann Missverständnisse reduzieren, die Bindung stärken und das Muttersein erleichtern.
Die Gefahr der Isolation: Das Empty-Nest-Syndrom
Autistische Mütter neigen dazu, ihre Kinder als primäre soziale Kontakte zu sehen. Während dies im Kindesalter funktioniert, kann es problematisch werden, wenn die Kinder ausziehen und ein eigenes Leben beginnen. Ohne regelmäßige soziale Kontakte fühlen sich viele autistische Frauen verloren – das sogenannte „Empty-Nest-Syndrom“ trifft sie oft besonders hart.
Ein offener Blick: Eine Mutter beschreibt, wie sie plötzlich allein dastand, ohne jemanden, mit dem sie Filme schauen oder einkaufen gehen konnte. „Ich hatte alles auf meine Kinder konzentriert. Als sie gingen, fühlte ich mich isoliert und niedergeschmettert.“
Was du tun kannst: Baue frühzeitig Freundschaften oder Netzwerke auf, die dich begleiten, wenn deine Kinder das Haus verlassen. Selbsthilfegruppen oder soziale Aktivitäten, die dich interessieren, können dir helfen, ein Leben jenseits deiner Mutterrolle zu gestalten.
Die Stärke der Struktur
Eine der größten Stärken autistischer Mütter ist ihr strukturierter Lebensstil. Routinen, klare Abläufe und Ehrlichkeit schaffen ein Umfeld, das besonders für Kinder Stabilität bietet. Studien zeigen, dass diese strukturierte Erziehung die emotionale Sicherheit von Kindern fördern kann.
Ein Beispiel aus der Forschung: Eine Studie des Autism Research Centre in Cambridge ergab, dass Kinder autistischer Eltern oft ein starkes Vertrauen in ihre Mutter entwickeln, weil diese durch ihre Ehrlichkeit und Klarheit konsistente Sicherheit bieten.
Tipp: Nutze deine Fähigkeit, klare Routinen zu schaffen. Ein fester Tagesplan hilft nicht nur dir, sondern gibt auch deinen Kindern Orientierung und Sicherheit.
Planung der Elternschaft: Bewusst entscheiden
Für autistische Frauen, die Kinder haben möchten, ist es wichtig, die langfristigen Herausforderungen zu bedenken. Eltern zu sein bedeutet, eigene Bedürfnisse und Routinen manchmal zurückzustellen – ein Balanceakt, der besonders für autistische Frauen schwierig sein kann. Gleichzeitig kann die Elternschaft – das Muttersein – jedoch eine Quelle von Freude und Sinn sein.
Wichtige Fragen vorab:
- Wie wirst du mit sensorischer Überforderung umgehen?
- Welche Unterstützung kannst du dir von Partnern, Familie oder Freunden sichern?
- Wie kannst du finanzielle, emotionale und organisatorische Anforderungen erfüllen?
Es ist keine Schwäche, diese Fragen zu stellen. Es ist ein Zeichen von Stärke, bewusst und vorausschauend zu planen.
Praktische Tipps für autistische Mütter
- Offene Kommunikation: Erkläre deinen Kindern, dass du Hinweise nicht immer intuitiv erkennst, und bitte sie, ihre Wünsche klar zu äußern.
- Dokumentation: Halte schriftlich fest, wie du für deine Kinder sorgst, um Missverständnisse vorzubeugen.
- Netzwerke aufbauen: Trete einer Selbsthilfegruppe bei oder suche den Austausch mit anderen Eltern – neurotypisch oder autistisch.
- Soziale Kontakte pflegen: Schaffe dir frühzeitig soziale Verbindungen, um Isolation zu vermeiden.
- Selbstfürsorge planen: Nimm dir regelmäßig Zeit für Ruhepausen, um sensorische Überlastung zu vermeiden.
Muttersein bedeutet nicht, perfekt zu sein. Für autistische Frauen mag es anders aussehen – doch gerade in dieser Andersartigkeit liegt eine Stärke. Indem du deine einzigartigen Fähigkeiten nutzt und Herausforderungen offen begegnest, kannst du ein Umfeld schaffen, das dich und deine Kinder wachsen lässt.
Ich hoffe, ich habe das Geschenk deiner Zeit verdient.
Sonnige Grüße von
Anne
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PS: Unterstützung finden
Wenn du nach Hilfe oder Austausch suchst, findest du hier wichtige Anlaufstellen:
- Autismus Deutschland e.V. (autismus.de)
- Selbsthilfegruppen Autismus (selbsthilfe-autismus.de)
- Autismus-Dialog (autismus-dialog.de)
- Asperger-Hilfe (asperger-hilfe.de)
PS: Wenn du nach Unterstützung suchst, findest du hier einige Anlaufstellen für neurodiverse Selbsthilfegruppen, Verbände und Vereine im Bereich Autismus. Diese Organisationen können dir helfen, Gleichgesinnte zu treffen und Unterstützung zu finden.
- Selbsthilfe Autismus: Eine Plattform zur Vernetzung von Selbsthilfegruppen in Deutschland: Selbsthilfe Autismus
- Bundesverband Autismus Deutschland e.V.: Dachverband von ca. 55 Regionalverbänden, der umfassende Informationen und Unterstützung bietet: Autismus
- Autismus – einfach anders e.V.: Bietet kostenfreie Vernetzungsmöglichkeiten und verschiedene Selbsthilfegruppen für unterschiedliche Bedürfnisse: Autismus Einfach Anders
- Autismus verstehen e.V.: Selbsthilfegruppen für Angehörige in verschiedenen Regionen: Autismus Verstehen
- Autismus Dialog: Unabhängige Selbsthilfegruppen rund um das Thema Autismus für Betroffene, Eltern und Angehörige aus vielen Teilen Deutschlands: Autismus Dialog