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Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
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Aversions- vs. Appetenz-Entscheidungen im Coaching: Den Kompass deines Klienten verstehen und neu ausrichten
In unserer Arbeit mit hochsensiblen, hochsensitiven und vielbegabten Scanner-Persönlichkeiten begegnen wir oft komplexen Entscheidungsmustern. Heute möchte ich mit dir über ein faszinierendes Konzept sprechen, das dir helfen kann, die Motivationen deiner Klienten besser zu verstehen und zu lenken: Aversions- versus Appetenz-Entscheidungen. Was sind Appetenzentscheidungen und was sind dagegen Aversionsentscheidungen?
Aversion und Appetenz: Die zwei Seiten der Motivations-Medaille
Bevor wir in die Praxis eintauchen, lass uns diese Begriffe kurz definieren:
- Aversions-Entscheidungen sind solche, bei denen eine Person primär motiviert ist, etwas Negatives zu vermeiden oder von etwas wegzukommen.
- Appetenz-Entscheidungen hingegen sind jene, bei denen jemand von etwas Positivem angezogen wird oder auf ein erstrebenswertes Ziel zugeht.
Für Scanner-Persönlichkeiten, die oft eine Vielzahl von Interessen und Möglichkeiten vor sich haben, kann das Verständnis dieser Entscheidungsmuster besonders wertvoll sein.
Besonders wichtig ist dies bei hochsensiblen Menschen, die eine ausgeprägte Tendenz zu Aversionsentscheidungen aufweisen. Sie neigen dazu, Entscheidungen zu treffen, um aus Situationen herauszukommen, die ihnen unsympathisch sind, anstatt sich auf positive Ziele zuzubewegen.
Dieses ständige „Von-etwas-weg“-Muster kann dazu führen, dass sie Entscheidungen treffen, die ihnen langfristig nicht guttun. Zusätzlich wird diese Dynamik durch ihr starkes Bedürfnis nach Harmonie und ihre Neigung zur Konfliktvermeidung verstärkt.
Diese Eigenschaften beeinflussen oft ihre Entscheidungsfindung und können sie daran hindern, Schritte zu unternehmen, die zwar kurzfristig unbequem sein mögen, aber langfristig zu mehr Zufriedenheit führen würden.
Erkennen von Aversions- und Appetenz-Mustern im Coaching
Als Coach ist es deine Aufgabe, sensibel für die Sprache und die unterbewussten Signale deines Klienten zu sein. Hier sind einige Anzeichen, auf die du achten kannst:
- Sprachliche Hinweise:
- Aversion: „Ich möchte nicht…“, „Ich muss weg von…“, „Ich kann das nicht mehr ertragen…“
- Appetenz: „Ich strebe nach…“, „Ich möchte erreichen…“, „Mein Ziel ist es…“
- Körpersprache:
- Aversion: Verschränkte Arme, abgewandter Blick, angespannte Haltung
- Appetenz: Offene Körperhaltung, leuchtende Augen, vorwärts gelehnte Position
- Energieniveau:
- Aversion: Oft niedrige Energie, Müdigkeit beim Sprechen über das Thema
- Appetenz: Erhöhte Energie, Begeisterung und Enthusiasmus
Bei hochsensiblen Klienten ist es besonders wichtig, auf subtile Anzeichen von Unbehagen oder Anspannung zu achten. Ihre Tendenz zur Konfliktvermeidung kann dazu führen, dass sie Aversionen nicht direkt ausdrücken. Achte auf indirekte Formulierungen wie „Es wäre vielleicht besser, wenn…“ oder „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann…“, die oft Hinweise auf zugrundeliegende Aversionen sind.
Kluges Fragen: Der Schlüssel zur Aufdeckung und Umlenkung
Durch geschicktes Fragen kannst du deinem Klienten helfen, seine Entscheidungsmuster zu erkennen und gegebenenfalls neu auszurichten. Hier einige Beispielfragen:
- Für die Erkennung:
- „Was treibt dich an, diese Entscheidung zu treffen?“
- „Wenn du an dieses Ziel denkst, fühlst du dich eher von etwas weggezogen oder zu etwas hingezogen?“
- „Stell dir vor, du hast dein Ziel erreicht. Was ist das Erste, das du fühlst?“
- Für die Umlenkung von Aversion zu Appetenz:
- „Was wäre das Positive, das du durch diese Veränderung erreichen könntest?“
- „Wenn die aktuelle Situation kein Problem mehr wäre, wie würde dein idealer Zustand aussehen?“
- „Welche Möglichkeiten würden sich für dich eröffnen, wenn du dieses Ziel erreichst?“
- Für die Klärung und Verstärkung von Appetenz:
- „Was genau begeistert dich an diesem Ziel?“
- „Wie würde sich dein Leben verändern, wenn du dieses Ziel erreichst?“
- „Welche deiner Stärken und Talente könntest du einsetzen, um dieses Ziel zu erreichen?“
- Speziell für hochsensible Klienten:
- „Wenn du an diese Situation denkst, was genau löst Unbehagen in dir aus?“
- „Stell dir vor, du könntest diese Situation völlig frei von den Erwartungen anderer gestalten. Wie würde sie dann aussehen?“
- „Welche positiven Aspekte könntest du in dieser herausfordernden Situation entdecken?“
Nutzung und Beeinflussung im Coaching-Prozess
Als Coach kannst du diese Erkenntnisse nutzen, um deinen Klienten effektiver zu unterstützen:
- Umformulierung von Zielen: Hilf deinem Klienten, aversionsbasierte Ziele in appetenzbasierte umzuformulieren. Statt „Ich will nicht mehr so gestresst sein“ könnte es heißen „Ich möchte gelassen und ausgeglichen durch meinen Alltag gehen“.
- Visualisierungsübungen: Lade deinen Klienten ein, sich lebhaft vorzustellen, wie es sich anfühlt, das positive Ziel zu erreichen. Dies stärkt die Appetenz-Motivation.
- Ressourcenaktivierung: Ermutige deinen Klienten, sich auf seine Stärken und bisherigen Erfolge zu konzentrieren. Dies fördert eine positive, appetenzorientierte Denkweise.
- Kleine Schritte planen: Hilf deinem Klienten, den Weg zum Ziel in kleine, erreichbare Schritte zu unterteilen. Dies reduziert Aversionen und stärkt die Appetenz durch häufigere Erfolgserlebnisse.
- Reframing: Unterstütze deinen Klienten dabei, vermeintliche Hindernisse als Herausforderungen und Lernmöglichkeiten zu betrachten.
- Konfliktfähigkeit stärken: Unterstütze deine hochsensiblen Klienten dabei, konstruktive Wege zu finden, um Konflikte anzugehen. Hilf ihnen zu verstehen, dass nicht jeder Konflikt negativ ist und dass das Ansprechen von Problemen langfristig zu mehr Harmonie führen kann.
Besondere Betrachtung für Scanner-Persönlichkeiten
Für Scanner, die oft zwischen vielen Optionen und Interessen jonglieren, kann das Verständnis von Aversions- und Appetenz-Entscheidungen besonders wertvoll sein:
- Hilf ihnen, ihre vielfältigen Interessen nicht als „Flucht“ vor etwas zu sehen, sondern als positive Anziehung zu verschiedenen Bereichen.
- Unterstütze sie dabei, in der Vielfalt ihrer Interessen übergeordnete Themen oder Werte zu erkennen, die als starke Appetenz-Motivatoren dienen können.
- Ermutige sie, ihre Sensibilität als Stärke zu sehen, die es ihnen ermöglicht, feine Nuancen in ihren Motivationen zu erkennen.
Für hochsensible Scanner-Persönlichkeiten ist es besonders wichtig, ein Gleichgewicht zwischen ihrem Bedürfnis nach Harmonie und ihren persönlichen Zielen zu finden.
Hilf ihnen, ihre Sensibilität als Stärke zu sehen, die es ihnen ermöglicht, Situationen differenziert wahrzunehmen. Gleichzeitig unterstütze sie dabei, diese Wahrnehmungsfähigkeit zu nutzen, um positive Ziele zu identifizieren und anzustreben, anstatt sich primär von Aversionen leiten zu lassen. Ermutigen sie dazu, ihre vielfältigen Interessen als Quelle der Inspiration zu nutzen, um appetenzbasierte Ziele zu formulieren, die mit ihren Werten und Bedürfnissen im Einklang stehen.
Das Verständnis und die geschickte Nutzung von Aversions- und Appetenz-Entscheidungsmustern kann ein Game-Changer in deiner Coaching-Praxis sein, insbesondere wenn du mit hochsensiblen Klienten arbeitest. Es ermöglicht dir, deinen Klienten dabei zu helfen, von einer reaktiven, vermeidenden Haltung zu einer proaktiven, zielorientierten Einstellung zu gelangen. Für hochsensible Menschen kann dies bedeuten, ihre natürliche Neigung zur Konfliktvermeidung zu überwinden und stattdessen ihre Feinfühligkeit als Kompass für positive Veränderungen zu nutzen.
Denk daran: Es geht nicht darum, Aversionen komplett zu eliminieren – sie können wichtige Warnsignale sein, besonders für hochsensible Menschen. Vielmehr geht es darum, ein gesundes Gleichgewicht zu finden und die Kraft der Appetenz zu nutzen, um positive Veränderungen zu bewirken, ohne dabei die wertvollen Einsichten zu ignorieren, die aus der Sensibilität entstehen.
Ich lade dich ein, in deinen nächsten Coaching-Sitzungen besonders auf diese Muster zu achten und die vorgeschlagenen Fragetechniken auszuprobieren. Du wirst erstaunt sein, welche Türen sich dadurch öffnen können!
Herzlichst,
Anne