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Anne Heintze
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Was sind paradoxe Interventionen?
Herkunft der paradoxen Intervention
Ursprünglich ist die paradoxe Intervention eine therapeutische Maßnahme aus der Familientherapie, die zum Ziel hat, Krankheitssymptome oder problematische Verhaltensweisen eines Patienten im Bewusstsein zu verstärken, um damit behilflich zu sein, dieses Verhalten oder die Symptome zu überwinden. Die paradoxe Intervention geht auf die systemischen Ansätze der „Mailänder Schule“ zurück. Mara Selvini Palazzoli und ihr Team entwickelten in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts die systemischen Therapieansätze. Vor allem Selvini Palazzoli arbeitete mit Familien, in denen es wenigstens einen Patienten gab, der unter einer psychischen Erkrankung litt.
Ausgangspunkt für die paradoxe Intervention ist die Tatsache, dass jede Familie und jeder kleine Gruppenverband ein System darstellt, das sich selber reguliert. Die Mitglieder dieser Gruppen beeinflussen sich durch ihren Beziehungsstatus und ihre Beziehungsmuster gegenseitig und halten dabei entweder bewusst oder unbewusst ganz bestimmte Regeln ein. Selbst in Familien, in denen ein oder mehrere pathologisch diagnostizierte Patienten vorhanden sind, gelten angenommene und in vielen Fällen unbewusst selbst entwickelte Regeln, die von allen eingehalten werden. Das Team um Mara Selvini Palazzoli stellte bei seiner Arbeit fest, dass vor allem Familien, in denen wenigstens ein schizophrener Klient vorhanden ist, auf ein für Außenstehende unerkennbares Gewirr an paradoxer Kommunikation verwenden.
Sehr häufig wurde dabei die sogenannte Doppelbindung festgestellt. Bei der Doppelbindung steht eine wirkliche Aussage völlig konträr zur Körperhaltung. So kann der Satz „Ich hab dich lieb“ gleichzeitig mit einer Körperhaltung verbunden sein, die total abweisend ist. Dazu gehören eine kalte Stimme, ein ernster Ausdruck oder hängende Mundwinkel.
Die verbale und nonverbale Botschaft drückt dementsprechend etwas völlig Gegenteiliges aus und es ist nicht wirklich klar, auf was der Empfänger eigentlich reagieren soll. Beschrieben wurde diese Doppelbindung nicht nur von den Mitgliedern der „Mailänder Schule“, sondern auch von anderen Therapeuten wie zum Beispiel von Paul Watzlawick und seinem Team in Palo Alto.
Das Mailänder Team suchte nach Möglichkeiten, diesen Familien zu helfen und in das starre familiäre Regelwerk einzugreifen. Durch so einen Eingriff von außen ist es möglich, die Symptome allmählich zu verändern. Das Team ging dazu über, die auftretenden Symptome als positiv zu bewerten und den Familienmitgliedern als positiv zu interpretieren.
Im ersten Moment wirkte das auf die Familien- oder Gruppenmitglieder sehr paradox. Der Erfolg dieser Eingriffe war, dass das Interaktionsmuster durchbrochen werden konnte. Der nächste Schritt ging dahin, die Mitglieder ganz bewusst dazu anzuhalten, ihr problematisches Verhalten beizubehalten. Ganz langsam entstand durch die paradoxe Intervention eine positive Veränderung im Gruppen- oder Familienverband.
Die Therapie erwies sich als sehr wertvoll, blieb jedoch ein individuelles Vorgehen. Das lag vor allem daran, dass die Familien und Gruppen individuell und die Probleme sehr unterschiedlich sind. Es konnte nicht vorhergesagt werden, wie sich die paradoxe Intervention auswirkt. Ein weiteres Problem war die Tatsache, dass die paradoxe Intervention extrem manipulative Einflüsse auf einzelne Mitglieder und den gesamten Verbund hatte.
Paradoxe Intervention in anderen Bereichen
Verschiedene Varianten der Intervention
In der Literatur wird zwischen zahlreichen Interventionsvarianten unterschieden. Zum Teil lassen sie sich schwer auseinanderhalten und zum Teil überlagern sie sich gegenseitig. Mit unserem kleinen Exkurs in die verschiedenen Varianten kannst du dir einen ersten Überblick verschaffen. In den meisten Literaturhinweisen wird unterschieden zwischen:
- Symptomverschreibung
- paradoxe Intention
- Umdeutung / Reframing
- provokativen Methoden
Vorgehensweise bei der Symptomverschreibung
Die paradoxe Intention
Bei der paradoxen Intention stehen Verhaltensweisen und Symptome der Klienten im Mittelpunkt. Er wird hierbei dazu aufgefordert, sein Verhalten nicht mehr zu bekämpfen, sondern es ganz bewusst und beabsichtigt hervorzurufen. Es geht um die Verhaltensweisen und Symptome, vor denen Klienten Angst haben.
Die Umdeutung psychischer Auffälligkeiten
Beim Reframing oder dem Umdeuten bekommen die Verhaltensweisen eine neue Bedeutung zugeschrieben. So wird zum Beispiel jemand, der ständig durch störendes Verhalten auffällt, für sein Verhalten gelobt. Ein Mitarbeiter, der ständig provoziert und damit die gesamte Teambildung erschwert oder verhindert, könnte für sein Verhalten mit den Worten gelobt werden: „Prima, dass Sie mit Ihrem Verhalten dazu beitragen, dass das ganze Team so gut zusammenwächst und ständig Gesprächsthemen hat.“
Ein anderes Beispiel für Reframing wäre ein Mitarbeiter, der nach dem Einsetzen eines neuen Chefs ständig krank ist. Wird ihm die Frage gestellt, ob er sich vor oder nach der Einstellung des neuen Chefs entschlossen hat, ständig krankzumachen, wird damit seine Selbstwirksamkeit herausgefordert. Die Frage stellt für ihn eine direkte Deutung seines Verhaltens dar. So kann Reframing bei den betroffenen Leuten dafür sorgen, dass sie sich ihrer Handlungsweise bewusst werden und gezielt daran arbeiten.
Provokatives Coaching
Auch das provokative Coaching ist eine paradoxe Intervention. Hier werden Provokationen aber etwas anders angewendet als in einer Therapie.
Der Klient wird darin bestärkt, seine Verhaltensmuster beizubehalten, obwohl sie verändert werden sollen. Ein guter Coach wird seinem Klienten auf positive Art beibringen, welche Folgen sein Handeln haben kann.
Angefangen von drastisch übertrieben beschriebenen Folgen über Begeisterung des Coaches für das unerwünschte Symptom bis hin zu albernen oder idiotisch klingenden Lösungsvorschlägen sollte der Coach ein großes Repertoire an provokativen Vorschlägen bereithalten. Ziel des provokativen Coaching ist es, dem Klienten auf angenehme Art zu zeigen, wie unsinnig und absurd einige seiner Verhaltensweisen sind, um nach der Sitzung an ihnen zu arbeiten.
Anne