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Autoren
Anne Heintze
Harald Heintze
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Eine neue Perspektive auf Autismus und Hochsensibilität
Es ist Zeit, ein Thema anzusprechen, das mich tief berührt und gleichzeitig ein integraler Bestandteil meines Lebens ist. Ich möchte über meinen Platz im Autismus-Spektrum sprechen.
Der Begriff „Asperger-Autismus“, mit dem ich vertraut bin, wird heute nicht mehr häufig verwendet. Stattdessen spricht man von Schweregraden 1 bis 3. Doch für mich fühlt sich mein Autismus nicht wie ein „Schweregrad“ an. Es ist leicht. Es ist easy. Es ist einfach eine Besonderheit – genauso wie Menschen, die besonders groß sind oder lockige Haare haben. Es macht mich zu mir.
Warum ich jetzt über meinen Autismus schreibe?
Vielleicht fragst du dich, warum ich erst jetzt darüber schreibe. Der Grund ist simpel: Es war mir nie besonders wichtig, mich damit zu beschäftigen.
Autismus war immer ein Teil von mir, den ich nicht verstecken musste – aber auch keiner, den ich großartig thematisieren wollte. Es war persönlich, ein Aspekt meines Lebens, der mich nicht definierte, sondern einfach begleitete.
Doch heute weiß ich: Es gibt viele Menschen da draußen, die ihre eigene Neurodiversität noch nicht erkannt haben.
Besonders Menschen, die ihre Hochsensibilität als alleinstehendes Merkmal sehen, sind oft gar nicht bewusst, dass dies eine Ausdrucksform ihres Autismus sein könnte. Darüber zu sprechen, kann Bewusstsein schaffen – für mich, für dich und für alle, die das Gefühl haben, irgendwie „anders“ zu sein.
Wie sich mein Autismus zeigt
Mein Alltag ist geprägt von den besonderen Facetten meines Autismus, die ich einfach als „Anne-Autismus“ bezeichne. Es ist meine eigene, leichte Form. Sie zeigt sich in meiner intensiven Wahrnehmung, meiner analytischen Klarheit und meiner Fähigkeit, nonverbale Signale und Emotionen bei anderen Menschen extrem gut zu erkennen. Und das ist ganz untypisch für Asperger-Autisten.
Doch diese Fähigkeit ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis von Jahrzehnten intensiver Auseinandersetzung.
Dank meiner Hochbegabung war ich in der Lage, tief in die Psychologie von Menschen einzutauchen. Ich habe über Jahrzehnte studiert, wie Menschen funktionieren, wie Interaktionen ablaufen und wie Kommunikation entsteht.
Diese Neugier und mein Wunsch, zu verstehen, wie Gefühle entstehen und wirken, haben mich zu einer Expertin im „Lesen“ von Menschen gemacht. Was andere vielleicht als hellsichtig bezeichnen, sehe ich als eine erlernte Fähigkeit, die durch ständige Übung geschärft wurde.
So wie jemand durch kontinuierliches Training in einer Sportart herausragend wird, bin ich in der Lage, kleinste Mikroexpressionen und Stimmungen zu erkennen.
Diese Stärke ist sicherlich nicht typisch für alle Autisten.
Aber für hochbegabte Autisten, die sich intensiv in ein Thema hineinarbeiten, ist es charakteristisch, in diesem Spezialgebiet außergewöhnlich versiert zu werden. Meine Hochbegabung hat meinen Autismus in gewisser Weise erleichtert, weil sie mir ermöglicht hat, Fähigkeiten zu entwickeln, die für viele Autisten untypisch sind. Gleichzeitig hat sie ihn auch erschwert, weil die intensive Beschäftigung mit Menschen und ihren Emotionen manchmal überwältigend sein kann.
Privat bin ich introvertiert und genieße die Ruhe. Beruflich jedoch nutze ich meine Hochsensitivität und meine logische Denkweise, um tief in die Gefühlswelten meiner Klient*innen einzutauchen.
Dieser Wechsel zwischen beruflicher Empathie und privatem Rückzug ist für mich essenziell, um meine Energien im Gleichgewicht zu halten.
Hochsensibilität und Autismus: Eine wichtige Verbindung
Für viele Menschen ist Hochsensibilität ein zentrales Thema – und das völlig zurecht. Doch ich möchte einen weiteren Aspekt in den Fokus rücken: Hochsensibilität kann eine Ausdrucksform von Autismus sein. Bei mir ist es genau so.
Es ist wichtig, dass wir aufhören, diese Themen isoliert zu betrachten. Vielmehr sollten wir den Mut haben, auch komplexere Zusammenhänge zu erkennen und anzusprechen. Das kann nicht nur uns selbst helfen, sondern auch den Menschen, mit denen wir arbeiten.
Warum eine Diagnose helfen kann – und wann sie nicht nötig ist
Ich selbst habe erst mit über 40 Jahren verstanden, dass ich autistisch bin. Eine späte Erkenntnis, die mein Leben nicht grundlegend verändert hat – aber es hat mir geholfen, mich selbst besser zu verstehen.
Über 15 Jahre lang war es für mich überhaupt nicht wichtig, eine Diagnose zu haben, denn ich wusste bereits, was das Ergebnis sein würde. Das war auch nicht wirklich etwas Besonderes, denn das war genau meine Normalität. Ich bin schon so groß geworden, denn mein Vater war Asperger Autist und durch dieses Vorleben, habe ich ja gar nichts anderes gekannt. Es hat mich auch nicht wirklich interessiert, all die Zeit.
Doch irgendwann habe ich gedacht: Ich will es genau wissen.
Ich wollte herausfinden, wie ähnlich sich Hochsensibilität und Autismus bei mir sind. Die klare Diagnose hat mir tatsächlich noch einmal eine neue Perspektive gegeben. Sie hat das Thema für mich stärker fokussiert und dadurch mehr Klarheit geschaffen.
Besonders wichtig war dabei das Gespräch mit der wunderbaren Psychologin Melanie Theissler, die nicht nur eine hervorragende Diagnostikerin ist, sondern selbst ebenfalls autistisch, hochbegabt und hochsensibel. Diese Verbindung hat mir geholfen, mich selbst noch besser zu verstehen und anzunehmen.
Für alle, die sich in meinen Worten wiedererkennen, empfehle ich: Schau dich um, lies, informiere dich.
Für manche Menschen bringt eine offizielle Diagnose Klarheit, Akzeptanz und das Gefühl, nicht alleine zu sein.
Dennoch kann es für manche Menschen auch ausreichend sein, sich durch Literatur und Selbsttests im Internet mit dem Thema auseinanderzusetzen. Viele renommierte Institutionen bieten seriöse Tests an, die erste Anhaltspunkte geben können. Ich empfehle dir, wenn du dich in den beschriebenen Merkmalen wiederfindest, dich auf diese Weise auf die Suche zu begeben.
Der Mut, anders zu sein
Indem ich immer wieder über meinen Autismus spreche, hoffe ich, anderen Mut zu machen. Es ist kein Makel, sondern ein Geschenk, anders zu sein. Unsere Besonderheiten sind es, die uns einzigartig machen und die Welt bereichern. Und vielleicht hilft dir meine Geschichte dabei, dich selbst mit anderen Augen zu sehen.
Autismus ist keine Einschränkung – es ist eine andere Art, die Welt zu erleben. Und genau diese Vielfalt ist es, die uns als Menschen ausmacht.
Ich hoffe, ich habe das Geschenk deiner Zeit verdient.
Sonnige Grüße von
Anne
PS:
Anlaufstellen
Für diejenigen, die sich intensiver mit dem Thema Asperger-Autismus auseinandersetzen möchten, empfehle ich die Seite: Autismus Deutschlandamit