Mentale Selbsthilfe mit der Helikopter-Technik

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Vor einer Menschenmenge zu sprechen, eine wichtige Präsentation zu halten, zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen – all dies sind stressige Situationen und sie können selbst bei normalsensiblen Menschen Angst und Schrecken auslösen. Wie kann man diese Ängste bewältigen, wenn es nötig ist? Aus der Sportpsychologie kommt die Helikopter-Technik, mit der Athleten Höchstleistungen erzielen. Für hochsensible Menschen ist sie schnell und wirksam einzusetzen.

Für viele hochsensible Menschen besteht der beste Weg, ihre Ängste zu bekämpfen, darin, sich selbst ein System zurechtzulegen, das sie nutzen, wenn sie das Gefühl haben, dass irgendeine Angst sich anschleicht.

Die Helikopter-Technik kann die Auswirkungen dieser Momente, wenn sie kommen, reduzieren und uns helfen, sie zu überstehen, ohne von der Angst behindert zu werden.

Die Besonderheit eines Hubschraubers nutzen wir mit der Helikopter-Technik: Wir steigen mental senkrecht nach oben, um einen Überblick über eine Situation zu bekommen und gleichzeitig auch eine gewisse Distanz.

Im Coaching nennen wir das: „Die Metaperspektive einnehmen“.

Wir schauen uns aus sicherer Entfernung das Geschehen an, analysieren es und finden die nächsten Schritte.

Die Helikopter-Technik ist eine Art Gedächtnishilfe, ein nützliches Werkzeug, um uns in Momenten zu helfen, in denen der Verstand versagen könnte. Angst beruht oft auf einer Fehlwahrnehmung und zwingt einen hochsensibel wahrnehmenden Körper und sein Gehirn in Extremsituationen. Weiche Knie, Schweißausbrüche oder Herzrasen sind Beispiele dafür, wie ein Körper auf Angst reagieren kann. Ängste lassen sich dann am besten dauerhaft überwinden, wenn du gelernt hast, dass es in vielen Situationen keine rationalen Gründe für deine Ängste gibt.

Durch die gezielte Konfrontation mit Situationen, die Ängste auslösen können (aber auch quasi sicherer Distanz), lernst du, mit diesen umzugehen und dabei die Kontrolle zu behalten. Hierzu besteht das System aus vier einfachen Schritten:

  • Fokussieren statt ausflippen
  • Konfrontation statt entkommen
  • Angehen statt Vermeidung
  • Viel üben

 

Bevor wir im Detail auf diese einzelnen Punkte eingehen, hier eine kurze Zusammenfassung: Wenn du dir Sorgen machst, fokussiere dich auf die anstehende Aufgabe oder auf eine aktuelle Sache, die dir gerade jetzt helfen kann. Dann, anstatt es zu ignorieren, stelle dich ihr und zerlege sie in kleinere Stücke.

Dann nähere dich diesen kleineren Etappen wie mit einem Helikopter von oben und betrachtest sie in Ruhe.

Diese Helikopter-Technik gibt dir Kraft und entmachtet die schwierige Situation. Zum Schluss übst du, wie du mit dem Problem umgehen willst. Je häufiger und intensiver du dies übst, desto besser bist du bereit und desto selbstbewusster wirst du sein.

Viele hochsensible Menschen denken oft über die Zukunft nach. Sie sind sehr geschickt darin, sich vorzustellen, was passieren könnte, und erleben dann häufig sogenannte „antizipative Emotionen“, also Gefühle, die erwartet werden. Die Gefühle, positive wie negative, werden also erst über das Denken an bestimmte Situationen ausgelöst. Dies hat sich in unserer Evolution durchaus als hilfreich erwiesen, kann aber auch Probleme verursachen, da die erwartete Angst vor Dingen, die nicht geschehen dürfen, uns Stress verursacht.

Das Schlimmste an der Angst ist, dass sie lähmen und unsere Fähigkeit zerstören kann, unsere gegenwärtigen Erfahrungen einfach nur rational zu verarbeiten. Was wäre, wenn es eine Methode gäbe, die leicht erlernt werden könnte, um die Auswirkungen von Ängsten zu reduzieren?

Mnemonik oder Gedächtnishilfen dienen oft als nützliche Werkzeuge, um uns in Momenten zu helfen, in denen das Gedächtnis versagen könnte. Im Falle von Angst ist ein beliebtes Akronym FEAR – False Evidence Appearing Real. Ins Deutsche übersetzt bedeutet das: Falsche Beweise erscheinen real. Dieses Akronym ist nützlich, um uns daran zu erinnern, dass Angst oft auf einem Wahrnehmungsfehler beruht.

Im vorherigen Abschnitt habe ich dir bereits eine kurze Zusammenfassung zu dieser Methodik der Helikopter-Technik gegeben. Lass uns nun tiefer in die Details gehen. Wie kannst du weiter vorgehen? So geht’s:

Fokussieren:

Forscher haben herausgefunden, dass eine achtsamkeitsbasierte kognitive Intervention helfen kann, Ängste zu reduzieren, indem der Fokus neu ausgerichtet wird. Nähere dich den Ängsten wie mit einem Helikopter von oben langsam an. Beachte dabei: Ängste haben meist einen Zukunftsfokus.

Wenn es dir gelingt, dich auf die Gegenwart zu fokussieren und damit die Angst aus sicherer Distanz zu betrachten, kannst du dich leichter entspannen. Das Üben von Fähigkeiten wie die bewusste Wahrnehmung des eigenen Körpers, achtsame Bewegung, sitzende Meditationspraktiken und Atmung hilft dir, Angst zu reduzieren und dich stärker auf die Gegenwart zu konzentrieren.

Das Experimentieren mit dem gezielten Fokus auf das Hier und Jetzt hilft dir dabei, Ängste abzubauen. Stell dir dabei immer wieder die Helikopter-Situation vor, die dich sicher fühlen lässt.

Exponieren:

Eines der Zeichen von Ängsten ist die Tendenz, Unbehagen zu vermeiden und der beängstigenden Situation einfach nur entkommen zu wollen. Im Gegensatz dazu bieten sogenannte „Expositionshierarchien“ die Möglichkeit, eine gefürchtete Aufgabe in kleinere, besser erlebbare Schritte aufzuteilen. So wie du mit dem Hubschrauber die Distanz zum Boden verändern kannst, kannst du deine Befürchtungen dosiert angehen.

Es geht um langsames, dosiertes Exponieren statt entkommen. Wenn du beispielsweise Angst vor öffentlichem Reden hast, kannst du klein anfangen, indem du deine Rede vor dir selbst einstudierst. Der nächste Schritt könnte darin bestehen, es vor einer Person zu proben.

Allmählich kannst du die Anzahl der Menschen, vor denen du sprichst, erhöhen, bis du schließlich vor einer Gruppe von Menschen ohne Angst sprechen kannst. Es ist sinnvoll, so lange auf der einfachsten Ebene zu bleiben, bis gar keine oder nur noch minimale Angst vorhanden ist. Wenn der Abschluss des untersten Schrittes einfach wird, kannst du zum nächsten Schritt übergehen.

Angehen:

Ein weiteres Merkmal der Angst ist die Tendenz, Aufgaben zu vermeiden, die als schwierig oder herausfordernd angesehen werden. Menschen streben danach das zu tun, was kurzfristig angenehm ist und zu schneller Zufriedenheit führt. Sie vermeiden aber auch oft das, was zwar kurzfristig unbequem ist, aber letztendlich eine dauerhafte Zufriedenheit bringen könnte.

Die Lösung einer Aufgabe muss nicht in großem Stil erfolgen. Wenn du zum Beispiel anfänglich Angst hattest, einen Berg zu besteigen, könnte dein erster Ansatz in diese Richtung einfach darin bestehen, mehr über die Fähigkeiten zu erfahren, die fürs Klettern erforderlich sind. Auch das ist wie die Sicherheit, wenn du über dem Berg im Helikopter schwebst.

Darüber hinaus kannst du einen noch kleineren Schritt machen, um die Situation mental anzugehen. Die mentale Vorstellung, Schritte zu unternehmen, um ein Ziel zu erreichen, kann Ängste effektiv reduzieren. Aufgaben angehen, anstatt sie zu vermeiden.

Üben:

Beim Üben wird eine Verhaltensfertigkeit wiederholt geübt, bis die Meisterschaft erreicht ist. Schauspieler, Sprecher, Sportler, Musiker, Sänger, Tänzer, Skater und andere Darsteller verstehen, dass häufiges, häufiges und gutes Üben für eine großartige Leistung unerlässlich ist.

Wenn du eine leistungsbezogene Angst hast, experimentiere mit dem Üben bis zu einer höheren Leistungsfähigkeit. Du näherst dich deinen Herausforderungen immer mehr an und landest den Hubschrauber zu guter Letzt im Gelände, das vorher angstbesetzt war.

Da du hierbei durch dein aktives Tun deine Kompetenzen deutlich erhöhen wirst, wird das Üben deine Ängste verringern. Sehr wahrscheinlich wird sich auch eine bessere Leistung einstellen, so wie bei allem, was man regelmäßig einübt. Darüber hinaus kann das Üben zu einer wichtigen Erkenntnis führen: Statt zu denken, dass du etwas nicht tun kannst, lehrt die Praxis dich etwas anderes. Wenn eine neue Fertigkeit wiederholt geübt wird, fällt sie irgendwann leicht.

Tief verwurzelte neurologische Wege werden sich nicht über Nacht ändern. Mit der regelmäßigen Anwendung der Helikopter-Technik gegen deine Ängste wirst du mit der Zeit neue Wege schaffen, die dir in deinem Alltag besser dienen.

Herzlichst
Anne

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