Das Bilderdenken der Hochsensiblen und Vielbegabten

Das Bilderdenken der Hochsensiblen und Vielbegabten
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Neulich hatte eine wunderbare, hochbegabte und hochsensible Frau im Coaching ein intensives Aha-Erlebnis im Zusammenhang mit dem Bilderdenken.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich für dumm gehalten. 

Alle anderen Familienmitglieder waren ihrer Meinung nach sicher hochbegabt, aber sie leider nicht, da sie nicht „richtig“ denken könne.

Erst die Erkenntnis, dass sie durchaus sehr gut denken kann, aber einfach anders denkt als die meisten Menschen, half ihr zu akzeptieren, dass auch sie zu den bunten Zebras gehört. Sie denkt in Bildern, also visuell-räumlich, nicht in Worten oder Zahlen. Geahnt hatte sie es schon lange, aber verstanden erst jetzt…..

Rechts, Links und die moderne Neurowissenschaft

Du hast vielleicht schon von der Idee der „rechten“ und „linken“ Gehirnhälfte gehört. Diese Vorstellung, dass die linke Hemisphäre für logisches Denken und Sprache zuständig ist, während die rechte Hemisphäre Kreativität und räumliches Denken steuert, war lange Zeit sehr populär. Und sie enthält durchaus einen wahren Kern – aber die Realität ist komplexer und faszinierender.

Die vereinfachte Sichtweise

Die traditionelle Sichtweise besagt:

  • Linke Gehirnhälfte: analytisch, logisch, sprachlich, sequentiell
  • Rechte Gehirnhälfte: kreativ, intuitiv, bildlich, ganzheitlich
 

Diese Einteilung ist nicht völlig falsch. 

Sie basiert auf frühen Forschungen, besonders an Patienten mit durchtrenntem Corpus Callosum (die Verbindung zwischen den Gehirnhälften). Diese Studien zeigten tatsächlich Unterschiede zwischen den Hemisphären.

Was die moderne Neurowissenschaft sagt

Die heutige Forschung zeichnet ein nuancierteres Bild:

  1. Zusammenarbeit: Beide Gehirnhälften arbeiten bei den meisten Aufgaben eng zusammen. Das Gehirn ist hochvernetzt.
  2. Relative Spezialisierung: Es gibt gewisse Tendenzen zur Spezialisierung, aber diese sind nicht absolut. Die linke Hemisphäre ist oft dominanter für Sprache, die rechte für räumliche Aufgaben – aber nicht ausschließlich.
  3. Individuelle Unterschiede: Die genaue Verteilung der Funktionen kann von Person zu Person variieren.
  4. Plastizität: Das Gehirn ist anpassungsfähig. Bei Verletzungen kann eine Hemisphäre teilweise Funktionen der anderen übernehmen.
 

Die Brücke: Warum die Vereinfachung nützlich sein kann

Auch wenn die strikte Trennung in „rechts“ und „links“ eine Übervereinfachung ist, kann sie als Metapher durchaus hilfreich sein:

  1. Verständlichkeit: Sie bietet einen einfachen Rahmen, um unterschiedliche Denkstile zu verstehen und zu beschreiben.
  2. Selbstreflexion: Die Idee kann Menschen helfen, über ihre eigenen Stärken und Präferenzen nachzudenken.
  3. Wertschätzung von Vielfalt: Sie kann dazu beitragen, unterschiedliche Herangehensweisen an Probleme und Aufgaben zu schätzen.
  4. Pädagogischer Wert: In Bildung und Coaching kann diese Metapher helfen, verschiedene Lernansätze zu erklären und zu fördern.
 

Das Bilderdenken im Kontext

Wenn wir also vom „Bilderdenken“ sprechen, meinen wir nicht, dass du ausschließlich deine „rechte Gehirnhälfte“ benutzt. Vielmehr beschreiben wir eine Tendenz, Informationen visuell und räumlich zu verarbeiten. Diese Fähigkeit entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Gehirnregionen, auch wenn einige davon möglicherweise stärker in der rechten Hemisphäre lokalisiert sind.

Dein gesamtes Gehirn ist an deinem einzigartigen Denkprozess beteiligt. Das Konzept des Bilderdenkens hilft uns, eine bestimmte Art der Informationsverarbeitung zu beschreiben und wertzuschätzen, ohne dabei die Komplexität deines Gehirns zu unterschätzen.

Indem du deine Neigung zum Bilderdenken erkennst und nutzt, kannst du deine natürlichen Stärken optimal einsetzen – unabhängig davon, welche Gehirnregionen genau daran beteiligt sind.

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Du kannst feststellen, welcher Denktyp du bist

  • Was liegt dir mehr: Wenn ich dir eine Statistik mit einer Tabelle oder Grafik zeige, zu der du dir eine Meinung bilden sollst, oder wenn ich dir eine sachliche, neutrale Beschreibung zu dieser Statistik erzähle und dich um deine Meinung bitte? Du möchtest lieber die Tabelle selbst sehen? Dann bist du vermutlich ein ausgeprägt visuell-räumlicher Denktyp, der mit der rechten Hirnhälfte denkt.
  • Oder: Du lernst nicht gerne Fakten auswendig? Wenn dir jemand sagt, was du einkaufen sollst, ist das schwierig für dich. Kannst du dir aber den Weg vorstellst, den du im Supermarkt gehen musst, dann bist du beim Einkaufen schnell und effektiv.
  • Du liebst es, schwierige Aufgaben zu lösen, kannst mühelos Würfel im Kopf zusammensetzen und schwierige Knobelaufgaben lösen. Aber wenn du Rechenaufgaben im Kopf lösen sollst oder ein Sprachrätsel vor dir liegt, dann könnten andere denken, dass du alles andere als hochbegabt bist?
  • Du kannst Sprachtests nicht leiden: Wer muss schon wissen, wie sich das eine Wort zum anderen verhält? Du brauchst das nicht. Aber wenn ich dich nach Analogien in Bildern frage, dann kannst du schneller antworten als viele Andere.
 

Und viele Hochsensible sind gleichzeitig Bilderdenker. Gehörst du dazu? Mach den Test.

Bilderdenken: Wie nutzt du dein Gehirn?

Als visuell-räumlich denkender Mensch ist die Welt der Worte nicht deine Welt, sodass es vorkommen kann, dass Andere dein Denken für langsam halten. Tatsächlich musst du einfach länger nach einer für andere verständlichen Formulierung suchen, denn du weißt, dass sie wenig mit deiner Bilderwelt anfangen können. Wenn du verstanden werden willst, musst du sozusagen deine Bildsprache in Wortsprache übersetzen.

Mancher wird urteilen, dass du dumm bist und ein Kind, dass das lange und oft genug gehört und erfahren hat, glaubt es am Ende selbst. Ich hingegen glaube eher, dass du selbst und andere deine Talente einfach (noch) nicht erkennst.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass besonders viele hochsensible und hochsensitive Menschen Bilderdenkende sind.

Diesen Aspekt nehmen manche als besondere Gabe wahr, manchmal wird er aber auch verflucht. Einerseits nehmen Bilderdenker viel mehr wahr, als andere Menschen, andererseits ist das manchmal viel zu viel. Zu viele Eindrücke, zu viel Licht, zu viele Bewegungen, zu viele Details. Das ist anstrengend für dich, du willst und muss die vielen Reize kontrollieren und reduzieren. Deine hohe Sensibilität kann eine Blockade im Umgang mit Anderen sein, sie macht dich aber auch aufmerksamer, fantasievoller und kreativer.

Du darfst für dich anerkennen: Du bist hochintelligent, sensibel und kreativ!

Du hast aber eine Schwäche im auditiven und sequentiellen Lernen, das beides liegt deinem intelligenten Gehirn nicht. Aber das ist in Ordnung, du bist einfach anders! Du bist du!

Bist du ein Bilderdenker?

Auch wenn die Wissenschaft noch keine standardisierten Tests für das Bilderdenken entwickelt hat, gibt es viele Hinweise, die darauf hindeuten können, dass du ein visueller Denk- und Lerntyp bist. Hier ist eine ausführliche Liste von Merkmalen. Je mehr Aussagen du mit Ja beantworten kannst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du zum Bilderdenken neigst:

  1. Bei zeitbegrenzten Tests erzielst du oft schwächere Leistungen, als du es dir zutraust.
  2. Du hast einen ausgeprägten Sinn für Humor und kannst schnell witzige Verbindungen herstellen.
  3. Kreativität und Fantasie sind deine Stärken. Du liebst es, neue Ideen zu entwickeln.
  4. Auswendig lernen fällt dir schwer. Du bevorzugst es, Dinge zu verstehen, statt sie zu memorieren.
  5. Dein auditives Gedächtnis ist nicht besonders stark. Gesprochene Anweisungen oder Vorträge zu behalten, kann eine Herausforderung sein.
  6. Im Gegensatz dazu hast du ein ausgezeichnetes visuelles Gedächtnis. Du kannst dir Bilder, Szenen oder Diagramme gut merken.
  7. Tagträume und ein reiches Fantasieleben sind dir vertraut. Du kannst lebhafte innere Bilder erzeugen.
  8. Rechenaufgaben, besonders Kopfrechnen, bereiten dir oft Schwierigkeiten.
  9. Interessanterweise fiel dir Geometrie in der Schule leichter als andere Mathematikbereiche.
  10. Beim Lesen zeigst du ein gutes Verständnis, aber du liest eher langsam, da du die Worte in Bilder „übersetzt“.
  11. Schriftliche Aufgabenstellungen zu verstehen, erfordert oft mehr Zeit. Du musst erst nachdenken und dir die Situation bildlich vorstellen.
  12. Rechtschreibung und Worterkennung gehören nicht zu deinen Stärken. Du „siehst“ Worte eher als Bilder denn als Buchstabenfolgen.
  13. Du bist sehr impulsiv, handelst schnell und denkst oft erst danach über die Konsequenzen nach.
  14. Musik spielt eine wichtige Rolle in deinem Leben. Du hast eine intensive Beziehung zu ihr und kannst sie oft bildlich „sehen“.
  15. Deine Handschrift ist nicht besonders gut leserlich. Das schnelle Umsetzen deiner Gedanken in Schrift kann herausfordernd sein.
  16. Du liebst visuelle Medien wie Fernsehen, Kino und Theater. Sie sprechen deine bevorzugte Wahrnehmungsart direkt an.
  17. Als Kind hast du schriftliche Hausaufgaben gerne „vergessen“ oder aufgeschoben.
  18. Computer, besonders Grafikprogramme, faszinieren dich. Du kannst dich stundenlang damit beschäftigen.
  19. Du behältst leicht das „große Ganze“ im Blick, vergisst aber manchmal die Einzelheiten.
  20. Leichte Ablenkbarkeit und hohe Begeisterungsfähigkeit sind typisch für dich. Neue visuelle Reize ziehen schnell deine Aufmerksamkeit auf sich.
  21. Zeichnen und Gestalten liegen dir sehr. Du drückst dich gerne visuell aus.
  22. Oft bist du dir über viele Dinge bewusst, findest aber nicht immer die passenden Worte dafür.
  23. Manchmal hast du ein sehr schlechtes Zeitgefühl, besonders wenn du in eine Aufgabe vertieft bist.
  24. Du bist sehr intuitiv und hast oft sprunghafte Einsichten und Ahnungen, die du nicht immer sofort erklären kannst.
 

Erkennst du dich in vielen dieser Punkte wieder? 

Das könnte ein starker Hinweis darauf sein, dass du zum Bilderdenken neigst. Wichtig ist zu verstehen, dass dies weder gut noch schlecht ist – es ist einfach deine individuelle Art, die Welt wahrzunehmen und zu verarbeiten.

Jeder Denkstil bringt seine eigenen Stärken und Herausforderungen mit sich. Als Bilderdenker hast du wahrscheinlich besondere Fähigkeiten in Bereichen wie Kreativität, räumliches Denken und ganzheitliches Erfassen von Situationen. Gleichzeitig kannst du in einer stark wortorientierten Umgebung auf Schwierigkeiten stoßen.

Das Wichtigste ist, dass du deine einzigartige Art zu denken erkennst, akzeptierst und lernst, sie zu deinem Vorteil zu nutzen. Im nächsten Abschnitt werden wir uns damit befassen, wie du deine Stärken als Bilderdenker optimal einsetzen und mit möglichen Herausforderungen umgehen kannst.

Was kannst du tun?

Für alle Menschen, die mit visuell-räumlich hochbegabten und hochsensiblen Menschen arbeiten, aber auch für Eltern von bilddenkenden Kindern, hier einige Anregungen im Umgang mit dem Bilderdenken:

  • Visualisiere viel, schreib auf und lass aufschreiben.
  • Mündliche Impulse sollten ebenfalls auf ein Flipchart oder Whiteboard geschrieben werden.
  • Verwende mehr das Sehen als die Stimme.
  • Verwende Bücher, Bilder, Fotos und Illustrationen.
  • Verwende ein Tagebuch, um Tipps, Entwicklungen und Transferaufgaben festzuhalten.
  • Gib Zeit, um Aufgaben zu beenden, wann immer es nötig ist.
  • Vermeide Tests mit Zeitbegrenzung, sie erzeugen unnötigen Stress.
  • Verwende Bildtools im Coaching (Emotioncards, Veränderungskarten, Biografiekarten).
  • Bilderdenker können Zustände, Probleme und Themen oft sehr gut in Collagen darstellen.

Wir alle werden aus dem beachtlichen Intellekt der visuell begabten Menschen Nutzen ziehen können, auch auf gesellschaftlicher Ebene, wenn wir ihre Fähigkeiten, Probleme zu erkennen und sie auf neue und kreative Arten zu lösen, besser erschließen.

Manchmal ist es schwer

Viele Bilderdenker stoßen mit ihrer Art, die Welt wahrzunehmen, auf Unverständnis. Oft gibt es Lebensthemen, die ungeklärt sind oder gar eine fette Hemmschwelle für eine gute Lebensbalance darstellen. Das muss nicht sein. Du kannst dein Stress-Level aktiv beeinflusse und mehr Klarheit gewinnen.

Wenn du persönliche Unterstützung brauchst

Manchmal kommt man alleine nicht weiter und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Dann ist es sehr hilfreich, einen Blick von außen zu nutzen, um eine Bestandsaufnahme der persönlichen Situation zu machen. Hierfür steht dir mein Blitzcoaching zur Verfügung. Für dringende Angelegenheiten habe ich auch kurzfristig freie Termine.

Herzlichst
Anne

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Kommentare

40 Antworten

  1. Okay…und was ist los wenn beides zutrifft? Das hier beschriebene trifft 100% zu, es schockierte mich, jedoch sind Dinge die man dann eig. nicht kann auch einfach wie Rechnen oder Deutsch (bis auf das mit Worten lesen da muss ich auch ne Weile nachdenken und wiederholt lesen).

    Ich denke auch visuell-räumlich aber dazu auch in Worten und Zahlen.
    Ich kann auch gut beschreiben und reden, aber das andere genau so gut.

    Beim Tagträumen und allgemein Denken wird das sehr überfordernd und lähmend, die visuell räumlichen Gedanken mischen sich irgendwie mit Worten und Zahlen und die Gedanken die weder visuell räumlich noch in Worten oder Zahlen fassbar sind die ich irgendwie „fühle“ (gibt das Sinn?) Ich bin oft stundenlang gefangen in diesen gefühlt unnatürlichen Gedankengängen, manchmal habe ich sowas wie Aussetzer wenn zu viele Gedanken in versch. Arten auf einmal da sind ich keinen wirklich fasse aber gleichzeitig auch mit allen beschäftigt bin und alle anfange aber nicht beenden kann. Wie ein Windows Absturz.
    Ich denke auch ständig weiter als normal ist, wo die Worte aufhören und es schwieriger ist weiter zu denken. Übers Leben, aber alles wird hinterfragt soweit bis es keine Antworten gibt, Fragen die nicht mal richtig gestellt werden können, zb woraus besteht alles, kleine Atome ja aber woraus bestehen die, und immer weiter, woher kommt alles, das Universum und noch tiefer.
    Ich hoffe nicht das es so ist aber es fühlt sich an als würde niemand jemals auf diese Art Denken, wenn hätte ich das evtl irgendwo gehört, gelesen oder bei jemanden erkannt habe ich aber leider nicht. Dafür gibt es wohl keine Lösung, aber es macht mir manchmal Angst und es fühlt sich ungesund und unnormal an. Sogar Freunde waren dieser Meinung als ich es versuchte ungefähr zu erklären.

    Während des Schreibens hatte ich mind. 10 fertige Gedankengänge in allerlei Arten sicher 20 unfertige und gedauert hats fast mehr als eine Stunde..XD

    1. Witzig, gerade habe ich über den selben Kram nachgedacht und überlegt, ob ich das lieber „wunderlich“, oder „vielleicht doch wahnsinnig“, oder “ übergebildet“, oder „wahnsinnig und/oder eingebildet“, oder…ich könnte da mit Freuden noch ewig weitermachen …

      Aber ich hab das auch, ich habe auch nicht wirklich ein Problem damit, weil ich so langsam den Spaß damit begreife… …aber ich kann damit vielen anderen prima neue Probleme machen.
      Manchmal auch sogar mir selber…

      Aber egal… Bis jetzt habe ich scheinbar auch was richtig gemacht…bin ja noch da

  2. Vielen Dank für die Eingebung, die ich gerade hatte :D!
    Ich bin eindeutig Bilderdenkerin, hatte aber keine Ahnung, dass das außergewöhnlich ist. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, wie andere Menschen denken und habe das Denken in Bildern als völlig normal/durchschnittlich interpretiert. Mit einem (offiziell getesteten) IQ von 132 bin ich gerade so in der „Hochbegabungszone“. Ich bin trotzdem eine furchtbare Kopfrechnerin- Mathematik liegt mir überhaupt nicht, weil ich zu Zahlen absolut keine Bilder im Kopf habe habe. Zeitbegrenzte Tests stressen mich (vor allem, wenn sie mit Mathematik zu tun haben, hihi). Auswendig lernen fällt mir jedoch nicht besonders schwer- ich denke, dass mein auditives Gedächtnis auch nicht so schlecht ist. Auswendig zu lernende Texte lerne ich nämlich als „Tonspur“ in meinem Kopf (anders kann ich es gerade nicht beschreiben). Immer wieder habe ich bei Tests deshalb Begriffe verwechselt, wenn sie sich ähnlich anhören. Und oft fehlt mir beim Auswendiglernen einfach der Kontext und ich kann gelerntes eher 1:1 wiedergeben, als etwas erklären. Deshalb habe ich lieber einen Bogen darum gemacht und sämtlichen Lernstoff so gut wie möglich visualisiert. Ich bin Synästhetikerin. Dh, dass jeder Buchstabe (den ich mir natürlich bildlich vorstelle), für mich eine Farbe hat. Und zwar immer die selbe. A= rot, B=blau, C=gelb, D=grün, E=orange, F=gelb,… Äußerst verwirrend beim Wiederfinden des Autos, wenn Parkdeck A zBsp blau gekennzeichnet ist, weil ich dann nicht mehr weiß, ob ich nicht doch auf Parkdeck B stehe (weil B=blau in meinem Kopf)… Auch Wochentage haben eine Farbe, genauso wie Töne. Musik sieht für mich bei geschlossenen Augen wie ein abstraktes, bewegtes Gemälde aus.
    Womit ich absolut keine Probleme habe, sind (auch schnelles) Lesen & Schreiben. Sprachen gehörten neben den musischen Fächern immer zu meinen Stärken. Ich bin kreativ und arbeite auch in einem solchen Job. Angefangen habe ich nach einer umfangreichen Ausbildung als Grafikerin, inzwischen arbeite ich als User Experience Professional in einem landesweiten Konzern. Ich bin für die Nutzerfreundlichkeit von Apps/Websites zuständig. Meine Feinfühligkeit für andere Menschen hilft mir dabei sehr, da ich regelmäßig Testpersonen einlade und „lese“, um Probleme für Nutzer festzustellen. Der kreative Part liegt dann im Lösen dieser Probleme durch abgeänderte Designs. Der Job liegt mir mit meiner Persönlichkeitsstruktur perfekt. Alle anderen, im Artikel aufgezählten Punkte, treffen absolut auf mich zu. Ich bin sehr intuitiv, bin nahezu unfähig, Kopfentscheidungen zu treffen und in meiner Denkweise oft zu sprunghaft für andere Menschen.
    Glücklicherweise habe ich (nach langem „Kampf“) einen Partner gefunden, der mich perfekt ergänzt. Er ist ebenfalls hochbegabt (mit einem IQ von jenseits der 140)- jedoch eher auf logischer/mathematischer und rationaler Ebene. Er ist der erste Partner, der mir tatsächlich (meistens ;)) folgen kann und bei dem ich nicht das Gefühl habe, ich müsste ihm die ganze Welt erklären. Unser vereintes Allgemeinwissen macht uns zusammen unschlagbar, haha. Unsere Freunde behaupten, es wäre manchmal recht anstrengend mit uns, da sie unseren Gesprächen mit den besagten Gedankensprüngen oft nur schwer bis gar nicht folgen können.
    Seit ich den richtigen Job und den richtigen Partner für mich gefunden habe, bin ich viel glücklicher und ausgeglichener im Leben. Es hat gedauert, bis ich 35 war, aber das hat sich gelohnt :).
    Ich wünsche allen hier, dass sie genauso ihren Weg finden können, wie ich es glücklicherweise geschafft habe. Der Weg dorthin ist wirklich steinig. Also nicht aufgeben! Ihr seid alle etwas Besonderes- lasst euch niemals von jemandem einreden, dass Anderssein falsch ist!
    Alles Liebe!

    1. Hey Claudia, hab gerade deinen Kommentar gelesen und du hast mir aus der Seele gesprochen!
      Kann ich dir evtl ein paar Fragen per Email schicken? Bzgl deiner Beschreibung Partner und Job. Beides macht mich wahnsinnig, da ich so oft an mir gezweifelt habe und immer zu dem Punkt komme ‚das ist doch logisch, warum kapiert er/sie das nicht‘. Ich bin oft zu schnell und letztendlich steh ich aber wie ein Horst da, weil ich ‚zu schnell‘ denke. Andre sammeln die Lorbeeren ein. Bin vor ein paar Jahren schon zum Thema hochsensibel, Hochbegabung, hochintelligent gekommen und mir ist einiges bewusst geworden.
      Falls du Lust hast oder dafür offen bist würde ich mich freuen 🙂
      Liebe Grüße Sarah

  3. Ich glaube zwar nicht, dass ich hochbegabt bin, aber ich finde mich in vielen Punkten schon wieder. Rechtschreibung und Mathe fiel mir früher immer schwer. Ich mochte lieber Geschichte und Erdkunde, wo ich mir die Menschen und Konzepte bildhaft vorstellen konnte und ich war generell immer langsam, weswegen ich auch auf eine Lernschwäche getestet wurde.

    Mit der Zeit habe ich jedoch gelernt meine Bilder in Sprache zu übersetzen und umgekehrt – wenn auch mit einigen Bedenksekunden.

    Da ich jetzt sogar Germanistik studiere, ist es mir wohl gelungen 🙂

  4. Liebe Anne,

    Ich wusste zwar das ich eine Bilderdenkerin bin, jedoch wusste ich bisher nicht was da alles noch „dran hängt“ mir gehen gerade mehrere Lichter auf ☀️☀️☀️☀️☀️☀️ und ich verstehe Zusammenhänge .

    Daaaaankeschön ☺️
    Liebe Grüße Marion

  5. Hallo Anne, was für eine tolle Erklärung! Es fällt schwer nicht an sich selbst und seiner Intelligenz zu zweifeln, wenn man eigentlich durchaus versteht, aber es dann nicht oder nur schwer in Worte fassen kann. Oder wenn jemand einem etwas erklärt und man genau weiß, man braucht eine bildlichere Herangehensweise, aber der andere ist nur noch frustriert, weil es ihm/ihr so logisch und einfach zu verstehen vorkommt.
    Wenn man dann etwas verstanden, ist es oft so, als müsste man sein Wissen erst dadurch legitimieren (oder vielleicht ist das auch mein überzogener Maßstab), dass man es anderen verständlich vorkaut, denn sonst könnte ja jeder sagen, er wisse etwas und sei klug. Ich fühle mich oft begrenzt darin und vermeide es deswegen manchmal in Diskussionen einzusteigen und in einen Wissensaustausch einzugehen, weil die Worte anderer mehr als nur ein Bild in meinem Kopf auslösen. Sie werden dadurch abstrakter und ich habe viel mehr Interpretationsspielraum. Während um mich herum den meisten Menschen klar zu sein scheint, worauf jemand mit seiner Frage oder Aussage hinaus will, warte ich lieber ab und versuche durch den Kontext meine Interpretationsmöglichkeiten zu beleuchten und die „Richtige“ zu finden. Dadurch brauche ich meist viel mehr Bedenkzeit bevor ich rede oder das Gefühl habe, etwas wirklich verstanden zu haben. Ich scheine deswegen auch viel mehr das Bedürfnis zu haben, meine Worte in Ruhe vorher abzuwägen und zu wählen. Es kann sehr frustrierend sein, wenn man dadurch dann in Gesprächen den Anschluss verliert und nicht zu Wort kommt, obwohl man sich gerne mitgeteilt hätte.
    Deine Erklärung hilft mir hoffentlich, damit ich gnädiger mit mir bin und meinen Frust darüber auch anderen verständlich mitteilen kann. Ich bin mir sicher, dass das Verständnis meiner Gesprächspartner zu Kompromissen führen kann, die dann für alle Beteiligten bereichernd sein können.

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