Was ist Vielbegabung, was ist eine Scannerpersönlichkeit?

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Eine Vielbegabung wirkt auf andere verwirrend, chaotisch und wird oft unterschätzt. Bist du selbst vielbegabt, erscheinen dir Lösungen oft auf der Hand, du saugst Wissen problemlos auf und trotzdem verfällst du hin und wieder in Selbstzweifel oder bist unzufrieden. Wer vielbegabt ist, wird auch als Scanner-Persönlichkeit bezeichnet.

Über Vielbegabte und Scanner-Persönlichkeiten

Vielbegabung ist eine Form der Hochbegabung. Bei dieser Form wird von Scanner-Persönlichkeiten gesprochen. Bist du eine Scanner-Persönlichkeit, nimmst du Wissen sehr schnell an, bist aber recht schnell gelangweilt von einem Thema. Wie unterschiedlich ein vielbegabter Mensch in die Tiefe geht, wenn ihn ein Thema interessiert, ist unterschiedlich.

Generell lässt sich jedoch sagen, dass das Wissen eher auf zahlreiche Bereiche und Themen aufgebaut ist, statt sehr detailliert in ein einziges Thema. Dies ist sehr interessant zu beobachten für Außenstehende.

Sicher hast du auch diesen einen Freund, der scheinbar alles immer weiß, der nicht mal wirklich viel lernen muss und zu jedem Problem eigentlich immer eine Lösung hat. Der dir in wenigen Minuten meistens eine Antwort zu jedem Gebiet geben kann, wenn du ihn darum bittest und über den du dich oft aufregst, weil er fahrig, chaotisch und flatterhaft wirkt. Da die Zahl der Vielbegabten mit der Zeit ansteigt, kannst du davon ausgehen, dass du mindestens einen „Scanner“ kennst.

So viele Ideen und Möglichkeiten, warum entscheiden?

Scanner-Persönlichkeiten haben oft Probleme damit, sich auf eine Entscheidung festzulegen. Durch ihre Vielbegabung haben sie ein breites Wissensspektrum und Hobbys. Im Grunde kannst du das so sehen: Ein vielbegabter Mensch ist an vielen Themen gleichzeitig interessiert, scheint in der Lage zu sein, viele Tätigkeiten gleichzeitig abzuhandeln und dabei noch kreative Ideen zu entwickeln.

Ein Tag mit einer Scanner-Persönlichkeit kann für dich so aussehen:

Ihr startet gemeinsam bei einem Frühstück, unterhaltet euch über den neuesten Tratsch und dein Begleiter misst nebenbei aus, ob die Brotscheiben gleich groß sind. Gleichzeitig erfährst du Informationen darüber, woher eure Frühstückseier kommen und im gleichen Atemzug spielt die Planung des Tages eine wichtige Rolle. Ein Tag bietet so viele Möglichkeiten!

Ihr könnt schwimmen gehen, dabei Informationen kurz durchschauen über die Wasserqualität eurer Region, eine Kinovorstellung besuchen und danach in einem Restaurant essen. Dabei bietet sich an, auf dem Smartphone Biografien der Schauspieler des Kinofilms nachzusehen und über das Geburtstagsgeschenk einer gemeinsamen Freundin zu diskutieren.

Selbstverständlich sind bis zum Abend hin viele weitere Informationen parat, wie Informationen auf Straßenschildern, an denen ihr vorbeigegangen seid, andere Gäste im Frühstückslokal und über die Bademeister und Badegäste. Am Abend ist natürlich dann daheim noch Platz für Aufräumen und dabei über neue Einrichtung diskutieren möglich.

Kennst du das? Dann ist dein Mitmensch sicher vielbegabt.

Während du diese Gedanken noch ordnest und die Hälfte am nächsten Tag vergessen hast, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Scanner-Persönlichkeit stattdessen mögliche neue Einrichtung schon nachgesehen hat, weitere Informationen zu diesem Tag in Erfahrung gebracht hat und dich damit morgens beim Kaffee überfällt.

Aber vielleicht erkennst du sich auch selbst wieder in der Beschreibung eines Tages mit einer Scanner-Persönlichkeit?

Vielbegabte Menschen sind in der Lage, sehr viele unterschiedliche Informationen zeitgleich abzurufen und zu speichern. Das klingt zwar erstmal toll, aber ist auch sehr anstrengend. Eine klare, eindeutige Entscheidung treffen fällt diesen besonderen Menschen nicht leicht.

Das Leben bietet so viele interessante Themen und Möglichkeiten, da ist es doch sehr schwer, sich festzulegen und auf eine Richtung festzulegen. In der Freizeit ist das nicht schlimm, beruflich kann dies aber große Probleme mit sich bringen. Abgesehen davon erscheint das nicht wirklich sinnvoll, da ein einziges Thema oder Gebiet bereits nach kurzer Zeit langweilig wird.

Scanner-Persönlichkeiten brauchen Abwechslung

Da Vielbegabte eine Spezialisierung vermeiden, da dies oft als langweilig empfunden wird, ist dies häufig anstrengend für ihr Umfeld, führt aber auch in der Arbeitswelt zu Problemen. Daher sind monotone Jobs eher ungeeignet. Häufig ist der berufliche Werdegang gezeichnet von häufigem Wechsel in völlig unterschiedliche Bereiche. In Berufszweigen, bei denen eine Scanner-Persönlichkeit unterschiedliche Begabungen einfließen lassen kann, fühlen sich diese vielbegabte Menschen meistens wohl.

Häufig ist ein Problem, dass der Drang, beschäftigt zu sein mit interessanten Aufgaben, höher steht als das Interesse daran, Projekte immer zum Ende zu bringen. Das liegt oft daran, dass Defizite in der Zeitplanung vorhanden sind. Die Tätigkeiten eines Tages wirken auf andere oft chaotisch und gefühlt wie ein 36-Stunden-Tag.

Vielbegabte Menschen wirken oft flatterhaft

Die amerikanische Autorin Barbara Sher hat den Begriff Scanner-Persönlichkeit geprägt, mit dem Vielbegabte bezeichnet werden können. Unter diesem Begriff ist verständlicher, wie sich eine Vielbegabung bemerkbar macht. Nach außen hast du bei einem „Scanner“ oft den Eindruck, dass dieser flatterhaft und unbeständig ist. Betroffene selbst haben diese Auffassung nicht und empfinden es als stressig, sich nur auf ein Gebiet oder Thema zu konzentrieren.

Ihrer Natur entspricht einfach, sich spielend einfach mit mehreren Themen zeitgleich zu beschäftigen, die nichts miteinander zu tun haben. Bist du selbst vielbegabt, kennst du auch die Situation, dass du eine Tätigkeit innerhalb von ein oder zwei Jahren verinnerlichst und beherrscht, dann allerdings das Interesse daran verlierst und daher neuen Input suchst. Experten vergleichen Vielbegabte mit bunten Zebras, für die zutrifft, dass alles in Ordnung ist, solange sie sich nicht langweilen.

Die Schattenseite einer Vielbegabung: unsicheres Selbstbewusstsein

Während du über Stunden über einem Problem grübelst, kommt eine Scanner-Persönlichkeit auf dich zu, hört sich dein Problem kurz an, sichtet deine Lösungswege und zeigt nach kurzer Zeit eine mögliche Lösung auf. Du fühlst dich verschaukelt, dass die Lösung so einfach sein kann, der „Scanner“ fühlt sich unsicher und kann sich nicht vorstellen, dass er wirklich erfolgreich dein Problem bewältigen konnte.

Vermutlich hat er sogar das Gefühl, nichts zu können. Doch wie kommt das? Normalerweise ist logisch, dass zum Lösen eines Problems oder dem Abwickeln eines komplexen Vorgangs viel Arbeit und Zeit investiert wird. Der Verstand signalisiert, dass in kurzer Zeit gute Lösungen nicht möglich sein können. Dadurch erscheint es einem vielbegabten Menschen nicht für möglich, dass er quasi im Vorbeigehen erfolgreiche Ergebnisse liefert. Ein unsicheres Selbstbewusstsein tritt sehr oft bei dieser Form der Hochbegabung auf.

Typisch auftretende Anzeichen, die auf eine Vielbegabung hindeuten:

  • ab Kindesalter neugierig und sehr wissbegierig
  • neues Wissen wird leicht gewonnen
  • Leiden unter einem Hochstapler-Gefühl
  • hohe Empathie
  • selbstkritisch und unsicher
  • schnell von neuen Projekten und Themen begeistert
  • rascher Wechsel der Interessen
  • große Anpassungsfähigkeit
  • ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit
  • andere Menschen werden langweilig empfunden, die nicht so anders sind
  • Autoritäten und Hierarchien werden oft hinterfragt und nur schwer respektiert
  • bevorzugen beim Arbeiten meistens ihre eigenen Aufgabenfelder
  • Probleme mit Abgrenzen
  • Ungeduld beim Warten auf Antworten oder in einer Warteschlange
  • häufig den Eindruck, zu wenig Leistung zu erbringen, auch wenn die erbrachte Arbeit dem Pensum von zwei oder drei Arbeitern entspricht
  • Neigung zu Schuldgefühlen und alleine nichts zu schaffen

Das Chaos bei Vielbegabung ist eine Sackgasse

Wer dauerhaft mit hohem Energielevel durch das Leben rast, dabei Unmengen an Wissen aufsaugt und Leistung erbringt, aber dennoch das Gefühl hat, immer noch zu wenig zu tun, verirrt sich leicht irgendwann im Chaos. Den Überblick zu behalten ist nicht immer einfach für Menschen mit einer Vielbegabung. Dies ist jedoch möglich mit einem sortierten System und gut strukturiertem Tagesablauf.

Die zahlreichen Ideen müssen nicht verschwinden, weil sie im Weg stehen, sondern können notiert und aufbewahrt werden, bis sie zu einem anderen Zeitpunkt in Ruhe ausgebaut werden können. Zudem ist das Lebensgefühl viel positiver, wenn sich jeder so akzeptieren kann, wie er selbst ist.

Hast du das Gefühl, dass du dich in den Anzeichen für eine Scanner-Persönlichkeit wiederfindest, dann solltest du dich selbst so annehmen, wie du bist und die zahlreichen Vorteile, die damit einhergehen, nutzen.

Dein Umfeld versteht auch viel besser, warum du flatterhaft wirkst, wenn es den Hintergrund kennt. Mit offener Kommunikation zwischen dir und den Menschen, die dir wichtig sind, fällt die gegenseitige Akzeptanz viel leichter und ihr könnt voneinander profitieren.

Willkommen im Club.

Herzlichst
Anne

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Kommentare

11 Responses

  1. Ich hab schon letztes Jahr (mit 49) herausgefunden, wie das mir zuteil gewordene Geschenk (das von vielen als Bürde wahrgenommen wird) heißt. Auch hier habe ich mich im Beschreibungstext wiedergefunden.
    Ich habe eine Lehre zum Schilderhersteller und Kunstmaler gemacht, war Botendienstfahrer, Lagerarbeiter, Gebrauchsgrafiker, in der Medienindustrie in der Pharma und bin jetzt Betriebsrat, wo ich berufsbegleitend noch ein Soziologiestudium mitgenommen habe. Was ich einmal gesehen habe, kann ich selber auch.
    Angeblich bin ich arrogant und selbstherrlich. Meine Sportsfreunde (Wildwasserkajak) schätzen an mir, dass ich alle Touren plane und mich an jedem Ort sofort orientieren kann. Der designierte Tourkoch bin ich auch, nachdem meine Küche wohl die Gaumen zu erfreuen versteht.
    Natürlich renoviere ich die Oldtimer meiner Frau, baue Möbel und richte Wohnmobile ein, habe mir auch eine Drehmaschine zur Teileherstellung geleistet und beginne gerade mit dem Bogenschießen.
    Nebenbei baue ich Kajakpaddel und plane, auch ganze Kajaks zu laminieren. Dass ich alle Arbeiten am Haus erledige versteht sich von selbst und die Schildkrötenzucht ist kaum der Erwähnung wert.
    Hobbymäßig lese ich auch noch ein Wenig – nicht viel – um die 1000 Seiten wöchentlich nur.
    Die Kleinigkeiten, die ich in der Freizeit treibe, will ich jetzt aber nicht noch alle extra aufzählen
    Von einer sehr durchwachsenen Schulzeit kann ich auch berichten. Es gab drei Kategorien Lehrer. Jene die mich liebten, jene die mich hassten (und fürchteten) und jene die mich zuerst hassten, dann erlernten mit mir umzugehen und mich danach liebten.
    Stets trat ich (selten für mich selbst) für Gerechtigkeit ein und hatte keine Hemmungen, einen Lehrer im Staub zu zertreten, wenn er Mitschülern Ungerechtigkeiten angedeihen ließ. Strafaufgaben schrieb ich endlos doch es traf mich nicht persönlich – ich ließ die einfach von meiner Hand schreiben und hatte herrlich viel Zeit dabei über dies und das nachzudenken.
    Mein großes Glück war, dass meine Eltern meine Gabe gefördert haben, sonst hätte aus diesem Geschenk auch ein übler Fluch werden können.
    Was ein klein Wenig belastet ist, dass mein ganzes Leben in meinem aktiven Speicher steckt. Manchmal wäre es schön, unangenehme Dinge einfach vergessen zu können. Darob schalt man mich oft schon als nachtragend, aber es ist keine Absicht..
    Fast ein bescheidenes und beschauliches Leben.
    Und es ist auch hier wieder zu lesen: Der Selbstzweifel ist ein ständiger Begleiter. Ich muss besser werden und endlich mal was schaffen!
    Ist der Selbstzweifel nicht gleichzeitig die Triebfeder dieser Gabe?

  2. Liebe Anne,

    wie schön, deine Seite entdeckt zu haben.
    Nach einem Umzug und Neuanfang in der zweiten Lebenshälfte, den ich mir aufgrund meiner vielen Standbeine leichter vorgestellt habe, weiß ich oft vor lauter Ideen und Baustellen nicht mehr weiter. Fünf abgeschlossene Berufsausbildungen, darunter zwei (völlig unterschiedliche) Masterabschlüsse… ich irritiere die Menschen in meinem neuen Umfeld und bin selber oft irritiert ob meiner vielen Lebenspläne. Alles läuft auseinander statt zusammen. Weil mir aber alles meist zufliegt, habe ich mein sicheres Einkommen und niemand bekommt mit, wie komisch ich mich fühle.
    Ich brauche dringend ähnlich gepolte Menschen, die mich als Inspiration empfinden und nicht als Stressfaktor.
    Gibt es ein Netzwerk?
    Will mich nicht immer verstecken!
    Zunehmend verzweifelte Grüße
    Jane

  3. Habe vor ein paar Jahren einen TED Talk von Emilie Wapnick gesehen und habe mich sofort erkannt. Habe das Ganze dann einfach mal so abgetan, aber ich konnte nun akzeptieren, dass ich anders bin. Dank weiteren Recherchen weiss ich nun, dass ich eine BEGABUNG habe!
    Mein CV ist ellenlang, meine 10 Finger reichen nicht um meine Hobbys aufzuzählen, mein Overthinking macht mich manchmal kaputt…
    Aber die wichtigste Frage: Wo finde ich andere wie mich? Gibt es Clubs, Treffen, Foren? Ich möchte mich mit Gleichgesinnten austauschen.

  4. Ich finde mich durchaus wieder. Seit ich Solo-Unternehmer bin, klappt vieles besser bei mir, denn ich kann in meinem Tempo arbeiten und in meinem eigenen Level of Detail. Es gibt auch Dinge, mit denen ich mich gar nicht anfreunden kann, sozusagen das Gegenteil von dem, und die kann ich überwiegend outsourcen. Aber es ist nicht ohne Tücken. Oft knabbere ich an Problemen und finde keinen Experten und auch im Internet nix. Ich frag mich dann immer: Wie machen die anderen das? Und die Antwort ist meistens: Die machen das nicht.

    Auch führen gewisse Ansprüche dazu, dass ich in Gruppen schlecht arbeiten kann, weil die anderen erst nach 5 Jahren verstehen würden, von was ich eigentlich gerade spreche. Da sind die dann angepisst. Deswegen bin ich unter anderem auch mal aus einem Verein wieder ausgestiegen. Schon mit 22 sagte mal eine Person zu mir: Dass ein Mensch so viel weiß wie du, ist nicht möglich, du bist ein Lügner. Dabei hatte ich damals keine Ahnung von nix.

    Meine Partnerin ist genervt von meinem ständigen Informationsfluss. Oft denke ich, es wäre besser, einen Teil meines Gehirns zu entfernen und normal zu sein. Einen 9-5 Job machen zu können, mit den Leuten klarkommen, Samstags rasenmähen und das Auto waschen, einfach dazugehören. Das wird wohl in diesem Leben bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr passieren, dass ich zu Menschen dazugehören kann.

    Dafür kann ich in meinem Business vergleichsweise erfolgreich sein.

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