Nur den Lauten gehört die Welt? Und was ist mit den Menschen, die nicht immer gleich vorpreschen und im Mittelpunkt stehen – was gehört ihnen? Die kurze Antwort: sehr viel, denn sie nehmen ihre Umwelt oft besser wahr, als Menschen mit einem extrovertierten Wesen. Es dauert allerdings etwas, bis leise Menschen diese vermeintliche Schwäche zu ihrem Vorteil nutzen können und darin doch noch eine Stärke entdecken, die sie für sich nutzen können.
Leise zu sein ist schlecht?
Bereits von klein auf werden Kinder dazu erzogen, leise zu sein. Die Gesellschaft vermittelt ein Bild, in dem Menschen, die nicht gesellig sind oder auch einmal die Führung übernehmen können, schwach sind. Tatsächlich werden jene Menschen, die laut und schnell sprechen als intelligenter und interessanter wahrgenommen.
Sie wirken auf andere sympathischer, ja manchmal sogar attraktiver. Selbst bei der Suche nach einem Partner haben jene Menschen, die schlagfertig und kontaktfreudig sind, die Nase vorne. Obwohl jeder Mensch sowohl extrovertierte als auch introvertierte Züge in sich trägt, ist in der Regel eine Tendenz stärker ausgeprägt.
Obwohl subjektiv oft mehr laute Menschen wahrgenommen werden, hält sich der Anteil die Waage. Einige leise Menschen haben auch die Gabe in der Öffentlichkeit ein extrovertierter Menschen zu sein, während sie im Privatleben das leise Leben bevorzugen.
Nur die Lauten werden gehört?
Natürlich werden Menschen, die sich Gehör verschaffen, immer stärker wahrgenommen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass weniger laute Menschen nicht gehört werden oder gar schlechte Ideen hätten. Im Gegenteil! Oft haben sie nur noch nicht die Berufung gefunden, in der sie wirklich laut sein können. Außerdem muss man nicht zwingend eine forsche Art haben, um gehört zu werden.
Viele große Denker haben es uns vorgemacht wie Einstein, Proust, selbst Bill Gates oder Steven Spielberg sind eher introvertierte Menschen, die sich lieber im Hintergrund halten und dort die Fäden ziehen, statt im Mittelpunkt zu stehen.
Dennoch bestehen noch immer Vorurteile und das Ideal scheint der extrovertierte Menschen zu sein. Dabei vergessen allerdings viele, dass die Stärken von ruhigen und leisen Menschen oft in ganz anderen Bereichen liegen.
Neurologische Unterschiede
Tatsächlich zeigt sich der Unterschied zwischen introvertierten und extrovertierten Menschen nicht nur in der Art, wie sie sich verhalten, die Unterschiede sind auch neurologisch messbar. Das Gehirn vieler Probanden, die eher als introvertiert galten, wiesen eine höhere elektrische Aktivität auf, wobei es nicht relevant war, ob sie sich bei der Arbeit oder in einem Ruhezustand befanden.
Das Gehirn von leisen Menschen ist selbst in einem entspannten Zustand neuronal aktiver, was mitunter ein Grund sein könnte, warum sie sich aus der Öffentlichkeit zunehmend zurückziehen. Ihre Gehirnaktivität ist bereits so groß, dass zusätzliche Reize sie nur überfordern würden und sie sich lieber im Stillen zurückziehen. Auch hochsensible Menschen reagieren sehr ähnlich. Diese Unterschiede im Gehirn sind nicht anerzogen, in Tests reagierten bereits rund 20 % von 500 getesteten Säuglingen auf extreme Reize wie Düfte oder Lärm besonders empfindlich.
Dies wird vermutlich beibehalten und sorgt dafür, dass das Kind auch als Erwachsener eher ein introvertierteres Leben führt und seine Hochsensibilität sich weiter ausprägt. Im Gegensatz dazu reagierten 40 % der Säuglinge extrem gelassen auf diese äußeren Einflüsse, worauf sich schließen lässt, dass sie auch in späteren Jahren aus einer lauteren Umgebung ihre Kraft ziehen. Introvertierte Menschen benötigen daher bewusst die Ruhe, damit sie wieder neue Energie tanken können.
Wie in einer anderen Welt
Trifft die Welt von introvertierten und extrovertierten Charakteren aufeinander ergeben sich häufig Reibungspunkte. Dabei können beide Seiten voneinander profitieren. Extrovertierte Menschen sind nicht nur Spezialisten darin sich selbst zu präsentieren, sie haben generell ein großes Präsentationstalent.
Sie preschen allerdings oft so schnell vor, dass ihre Worte wenig überlegt sind, doch genau dies ist die Stärke von introvertierten Menschen. Obwohl sie in der Öffentlichkeit nicht so stark wahrgenommen werden, nehmen sie hingegen die Öffentlichkeit sehr wohl war. Sie sammeln Informationen und verarbeiten sie in aller Stille und erst dann ergreifen sie das Wort.
Allerdings mangelt es hier häufig an den Fähigkeiten diese Gedanken auch zu präsentieren, wo sie wiederum von extrovertierten Menschen profitieren können. Beide zusammen würden ein ideales Gespann ergeben, weshalb gerade große Unternehmen zunehmend sensibler auf die Charaktere ihrer Mitarbeiter reagieren.