ADS: Die übersehene Hochsensibilität – Erkennst du dich wieder?

ADS: Die übersehene Hochsensibilität – Erkennst du dich wieder?
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ADS: Die übersehene Hochsensibilität – Erkennst du dich wieder?

Wenn es um AD(H)S geht, denken viele an zappelnde Kinder, unruhige Erwachsene oder Menschen, die scheinbar nicht stillsitzen können. Doch was, wenn du nie hyperaktiv warst? Was, wenn du nicht durch Rastlosigkeit auffällst, sondern eher durch Zerstreutheit, innere Versunkenheit und eine überwältigende Reizflut? ADS – Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ohne Hyperaktivität – wird oft übersehen.

Ganz besonders bei hochsensiblen Menschen. Viele wissen gar nicht, dass sie dazugehören. Statt offensichtlicher Unruhe zeigt sich ADS in einer inneren Welt, die oft so intensiv und vielschichtig ist, dass die Außenwelt in den Hintergrund rückt.

Erkennst du dich in diesen 10 Punkten wieder? 

  1. Du hast oft das Gefühl, mit deinen Gedanken woanders zu sein – nicht aus Desinteresse, sondern weil deine innere Welt so lebendig ist.
  2. Gespräche und Meetings sind für dich anstrengend, weil du schnell den Faden verlierst oder in eigene Gedankengänge abschweifst.
  3. Du brauchst überdurchschnittlich lange für Aufgaben, nicht weil du sie nicht kannst, sondern weil du dich in Details verlierst oder zwischendurch an tausend andere Dinge denkst.
  4. Entscheidungen fallen dir schwer, weil du immer das große Ganze siehst und ständig alle Optionen abwägst.
  5. Du bist extrem empfindlich für Geräusche, Licht, Gerüche oder die Stimmungen anderer Menschen.
  6. Du vergisst Dinge – Termine, Verabredungen, wo du dein Handy hingelegt hast – und manchmal fühlt sich dein Kopf an wie ein unaufgeräumtes Zimmer.
  7. Du hast eine ausgeprägte Intuition und spürst oft Dinge, bevor sie passieren oder andere sie überhaupt wahrnehmen.
  8. Du kannst dich für Stunden in ein Thema vertiefen, wenn es dich wirklich interessiert – aber Routineaufgaben fühlen sich an wie eine unüberwindbare Hürde.
  9. Du hast eine besondere kreative Ader oder ein ungewöhnliches Denkvermögen, findest oft unkonventionelle Lösungen oder siehst Verbindungen, die anderen verborgen bleiben.
  10. Du fühlst dich oft unverstanden, weil du nicht „einfach nur verträumt“ bist, sondern deine Wahrnehmung anders funktioniert als die der meisten Menschen.

 

Wenn du dich in vielen dieser Punkte erkennst, könnte ADS ein Teil deiner neurodivergenten Identität sein.

ADS ist keine Krankheit und kein Defizit.

Es ist eine andere Art zu denken, zu fühlen und die Welt wahrzunehmen. Menschen mit ADS sind oft tiefgründig, intuitiv und außergewöhnlich kreativ. Doch weil sie nicht ins klassische ADHS-Bild passen, werden sie häufig übersehen – oder missverstanden.

ADS (bzw. ADHS) ist im ICD-10 und auch im ICD-11 als „Störung“ klassifiziert – aber das bedeutet nicht, dass es eine Krankheit im klassischen Sinn ist. Die ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten) und auch das DSM (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) sind in erster Linie medizinische Systeme zur Kategorisierung von Verhaltensweisen und neurologischen Besonderheiten.

Sie müssen Störungen definieren, um Diagnosen und Behandlungen zu ermöglichen – das heißt aber nicht, dass jede Diagnose automatisch eine Krankheit im pathologischen Sinne ist.

 

Warum ADS keine „Krankheit“ im klassischen Sinn ist: 

  1. Es gibt keinen objektiven biologischen Marker. ADS ist keine Erkrankung, die durch eine klare medizinische Ursache (wie ein Virus oder eine Entzündung) erklärt werden kann.
    Es ist eine neurologische Besonderheit, die sich durch bestimmte Verhaltensweisen zeigt.

  2. Viele „Störungen“ sind gesellschaftliche Konstrukte. Ob etwas als Störung oder als normale Varianz des Gehirns betrachtet wird, hängt stark von gesellschaftlichen Normen ab.
    Hochsensibilität, Autismus, Hochbegabung oder ADS sind in anderen Zeiten und Kulturen oft nicht als „Störung“ wahrgenommen worden, sondern als besondere Art der Wahrnehmung oder Intelligenz.

  3. Neurodivergenz statt Defizit. Die Neurodiversitätsbewegung argumentiert, dass ADS, Autismus und andere neurodivergente Denkweisen keine Krankheiten sind, sondern Varianten des menschlichen Gehirns.
    Das Problem ist oft nicht das ADS selbst, sondern die Tatsache, dass unsere Gesellschaft nicht für Menschen mit dieser Art von Gehirn gemacht ist.

  4. ADS ist situativ. Viele Menschen mit ADS kommen in bestimmten Umgebungen hervorragend zurecht – wenn sie sich in einem kreativen, flexiblen oder reizarmen Umfeld befinden.
    In standardisierten, starren Strukturen geraten sie jedoch in Schwierigkeiten. Das zeigt, dass das Problem nicht in der Person selbst liegt, sondern in der Passung zwischen Person und Umfeld.

  5. Krankheit suggeriert „Heilung“ – aber ADS braucht Anpassung, nicht Heilung. Medikamente können helfen, Symptome zu regulieren, aber ADS ist nichts, das „geheilt“ werden muss. Viele ADS-Menschen brauchen eher Strategien, um ihre Umgebung besser an ihre Bedürfnisse anzupassen.

 

Natürlich gibt es Menschen mit sehr starkem ADS, die massiv unter Reizüberflutung, Vergesslichkeit oder Konzentrationsproblemen leiden – und in diesen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, von einer Beeinträchtigung zu sprechen.

Aber das gilt nicht für alle. Viele Menschen mit ADS haben großartige Stärken und Potenziale, die in einer anderen Umgebung oder mit anderen Strategien zum Vorschein kommen.

Kurz gesagt: Ja, laut ICD-10 ist ADS eine Störung. Aber ob es eine Krankheit ist, hängt davon ab, wie du Krankheit definierst. Wenn du Krankheit als etwas verstehst, das „falsch“ oder „defekt“ ist und geheilt werden muss, dann passt das für ADS nicht.

Wenn du es als eine besondere neurologische Art der Wahrnehmung siehst, dann ist ADS eher eine Variante des Menschseins – mit Herausforderungen, aber auch mit einzigartigen Stärken.

Wie kannst du mit ADS besser umgehen?

Erkenne, dass deine Art zu denken ein Geschenk ist. Deine Fähigkeit, Dinge zu durchdringen, deine Intuition und dein kreatives Potenzial sind wertvoll – auch wenn sie nicht immer in ein 08/15-Leben passen.

Struktur hilft dir, auch wenn du sie hasst. Klare Routinen können dir Stabilität geben, ohne dich zu erdrücken. Finde eine sanfte Balance zwischen Spontaneität und Ordnung.

Reize reduzieren kann Wunder wirken. Schaffe dir Oasen der Ruhe, in denen du dich erholen kannst. Hochsensible Menschen mit ADS brauchen oft mehr Zeit für sich als andere.

Akzeptiere, dass dein Gehirn anders tickt. Es gibt keinen Grund, dich an neurotypische Standards anzupassen.

Du bist nicht faul, nicht unorganisiert und nicht zu langsam – du bist einfach nicht dafür gemacht, in starren Systemen zu funktionieren.

Suche Gleichgesinnte. Menschen, die ähnlich ticken wie du, können dir helfen, dich selbst besser zu verstehen.

Der Austausch mit anderen neurodivergenten Menschen kann unglaublich erleichternd sein.

ADS ist keine Schwäche – es ist eine andere Art, die Welt zu erleben.

Viele hochsensible Menschen haben ADS, ohne es zu wissen. Sie suchen nach Erklärungen für ihre Zerstreutheit, ihre tiefe emotionale Verarbeitung, ihre Schwierigkeiten mit Reizüberflutung und ihre außergewöhnlichen Stärken. Die Antwort könnte genau hier liegen.

Erkennst du dich in diesem Text? Dann hast du jetzt vielleicht einen neuen Blick auf dich selbst gewonnen.

Und vielleicht ist es an der Zeit, nicht mehr gegen deine Art zu kämpfen – sondern sie als das zu sehen, was sie ist: ein einzigartiges Potenzial, das darauf wartet, kultiviert zu werden.

Sonnige Grüße

Anne

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